I. Vorwegwort
Das »Kulturwissenschaftliche Wörterbuch« möchte
erstmals in dieser Konstellation Begriffe aus der kulturellen und Geistesgeschichte
vom Mittelalter bis zum ersten Jahrzehnt des XXI. Jahrhunderts einer genaueren
Analyse in Bezug auf die semiotischen Bedeutungen desselben untersuchen
und in ihrer Breite auffächernd darstellen. [1] Dabei geht es in erster
Linie um die Darstellung der Bandbreite und Vielfalt, die bestimmte Begriffe
historisch einnehmen konnten. Dementsprechend wurde auch der Titel dieser
Begriffssammlung aus zwei charakterisierenden Komponenten erwählt.
Es handelt sich erstens um ein »Wörterbuch«, weil das
Werk durch die lexikalische Anlage in Kurzartikeln und die alphabetisch
aufsteigende Ordnung von Begriffen, aber auch den Zweispaltensatz mit Literaturverweisen
zunächst den Habitus und die Funktion eines Wörterbuchs angenommen
hat, das nicht dem Lesen als Ganzes, sondern in seinen Teilen und damit
in erster Linie als Nachschlagewerk dienlich sein soll. Es hat den Zweck
einführend über ein Thema zu informieren und weitere Literaturverweise
für die tiefergehend interessierten Lesenden anzubieten. Dieser vierfache
Grundkanon aus Überschrift, Haupttext, Quellenangaben in den Fußnoten
und Literaturverweisen wird in allen Artikeln beibehalten werden und
Übersichtlichkeit garantieren.
Zweitens ist dies Wörterbuch hauptsächlich »kulturwissenschaftlich«
orientiert und damit folgt es dem »cultural turn« in den modernen
Geisteswissenschaften. Es befaßt sich methodisch mit der linguistischen
Wortsemantik, aber auch soziologischen, volkskundlichen, philosophischen,
anthropologischen, religions-, kultur- und mentalitätsbezüglichen
Aspekten sowie der Bedeutung von Termini, die sprachlich in ein bestimmtes
Wort gegossen, relativ deutlich umgrenzt und bedeutungsvoll waren oder
es noch sind, also inhärent semiotisch im Sprachgefüge agieren
oder verwendet wurden.
Dem methodischen Breitenansatz entsprechend war und ist auch die theoretische
Auswahl der Lemmata unbegrenzt: Die moderne deutsche Kulturwissenschaft
macht sich, wenn sie dies will, alle Erscheinungsformen menschlichen Lebens
zum Untersuchungsgegenstand und kann sich daher mit materiellen ebenso
wie mit immateriellen Dimensionen des menschlichen Lebens beschäftigen,
mit Gegenständen, mit Institutionen, mit der Natur oder mit Gefühlen.
[2]
Es wäre daher verfehlt, wollte man das vorliegende Werk ein reines
historisches oder soziologisches oder philosophisches Wörterbuch nennen.
Vielmehr ist es erklärtes Ziel des Projektes, fachübergreifende
Beschreibungen zu liefern, teils indes auch nur auf einzelne Aspekte einzugehen.
Das Schwergewicht liegt dabei auf der historischen und soziologischen Ebene,
aber es werden genauso gut, wo es angebracht und zur Begriffsklärung
notwendig erschien, Darstellungen und Erörterungen aus nahezu allen
weiteren geisteswissenschaftlichen Fachdisziplinen herangezogen.
Zudem ist es ein Charakteristikum des »Kulturwissenschaftlichen
Wörterbuches«, daß erstmals in größerem Umfang
der sachthematische Zettelkasten des Herausgebers zum Einsatz gelangt.
Dieser Zettelkasten, seit 1993 angelegt und ständig ergänzt,
enthält rund 150.000 Termini mit Verweisen auf deren Evidenz bei zumeist
versteckten Vorkommen in der älteren deutschsprachigen Literatur,
während die offenen Vorkommen, bei denen Sachwörter bereits im
Titel erkennbar sind, recht bequem über die Titelkataloge der deutschen
Nationalbibliographie ermittelt werden können. Durch den häufigen
Gebrauch dieser versteckten Verweise entstand ein neues, ergänztes
und oder überhaupt erst ein kaleidoskopartiges »Bild«
des betreffenden Lemmas.
Die Auswahl der und die Perspektive auf die Lemmata wurde daher namentlich
aus einer eklektizistischen Forschungsrichtung gestaltet, der die Begriffe
vom Standpunkt der global verankerten Überblicksschau erläutert
und damit eine höchst subjektive Beurteilung darbietet. Diese Beurteilungen
erheben, weil sie ausgewählt sind und daher eine mangelnde Objektivität
aufweisen, weder einen Anspruch auf »endgültige Wahrheit«
noch auf die Abarbeitung universeller Regeln in jedem Lemma - sie sind
vielmehr nur ein Blickwinkel auf das Thema.
Mithin bleiben die vorliegenden Artikel Schlaglichter und können
eine ausführliche Auseinandersetzung mit den Begriffen nicht ersetzen,
gleichwohl aber erste und gelegentlich auch ungewöhnliche oder unbekannte
Aspekte aufzeigen, die bisher selten oder gar nicht, zumindest aber nicht
in den erwähnten Kontexten, in einem Werk mit Handbuchcharakter behandelt
worden sind.
II. Forschungslage
Ein derartig global orientiertes Werk konnte freilich nicht ohne das
Vorbild der bereits vorhandenen Ansätze und Ideen entstehen. Daher
versteht sich das »Kulturwissenschaftliche Wörterbuch«
als eine Mischung und Weiterentwicklung verschiedener verdienstvoller und
inspirierender Vorgängerwerke. Das größte Vorbild ist dabei
die vom Kulturwissenschaftlichen Institut zu Essen, einem Forschungskolleg
der »Universitätsallianz Metropole Ruhr« herausgegebene
»Enzyklopädie der Neuzeit«, die in einigen tausend Artikeln
von 2005 bis 2012 in 16 Bänden erscheint und ein Musterbeispiel einer
multidisziplinären Gesamtschau auf die europäische Geschichte
und ihre Phänomene abgibt.
Sie behandelt ebenso wie das vorliegende Wörterbuch sowohl Realien
als auch immaterielle Begriffe und stellt sie in einen kulturgeschichtlichen
Zusammenhang. Nicht die detailverliebte und fachspezifische Spezialuntersuchung,
sondern die Kontextualisierung der geschichtlichen Phänomene stand
dabei - ebenso wie hier - im Vordergrund, beschränkt allerdings auf
die Zeit für die Jahre von circa 1450 bis etwa 1850. Doch bekennt
sich auch die Enzyklopädie, ebenso wie das hier vorliegende Wörterbuch,
zur Subjektivität, da sie sowohl bei der Auswahl der Lemmata als auch
bei deren Darstellung nicht nur begriffsgeschichtliche Deutungungen vornimmt,
sondern auch moderne Forschungsansätze wie Interpretationen einfügt;
sie ist also zugleich darstellend und wertend. [3]
Von weiterer Bedeutung war außerdem das 13-bändige »Historische
Wörterbuch der Philosophie«, welches in den Jahren 1972 bis
2007 erschien. Hierbei handelt es sich um ein Reihenwerk, das binnen vierer
Jahrzehnte herausgegeben wurde und dessen Ziel es war, philosophische Begriffe
und Termini der jeweiligen Gegenwart in ihrem Bezug auf die Geschichte
der Philosophie darzustellen. Die Auswahl der Begriffe war also maßgeblich
davon abhängig, ob sie sich noch in der philosophischen Diskussion
bewegten oder nicht und dies unterschied jenes Wörterbuch von der
vorgenannten Enzyklopädie erheblich. Trotz dieser Beschränkung
auf aktuelle Diskurse war dem Wörterbuch eine fächerübergreifende
Ausrichtung aber insofern eigen, als sich die Philosophie ähnlich
wie die Kulturwissenschaft als zuständig für nahezu alle Phänomene
menschlichen Seins und Schaffens interessierte und einen Generalanspruch
erhob, sich jede Materie aussuchen und zum Gegenstand machen zu können.
[4]
Weiter zu nennen unter den Vorbildlexika ist fernerhin das Historische
Wörterbuch »Ästhetische Grundbegriffe« (ÄGB),
das in sieben Bänden in den Jahren zwischen 2000 und 2005 erschien.
Es verstand sich als "Mittel der Kommunikation zwischen einzelnen Wissenschaftbereichen"
und war gleichfalls inter- sowie transdisziplinär angelegt, allerdings,
ähnlich wie bei den Philosophen, auf die Wissensvermittlung zum "gegenwärtigen
Ästhetikhorizont" des angebrochenen XXI. Jahrhunderts fixiert. [5]
Zuletzt ist auch noch als Vorbild das erst jüngst in zwei Bänden
erschienenen »Handbuchs der politischen Philosophie und Sozialphilosophie«
zu nennen, welches seit dem Jahre 2008 zur Verfügung steht. Obwohl
vom Titel her nur einem Teil einer geisteswissenschaftlichen Fachdisziplin
verpflichtet, griff der Inhalt wesentlich weiter über die politische
und soziale Philosophie hinaus. Anleihen aus der Human-, Rechts-, Sozial-
Natur- und Technikgeschichte flossen ein, wenn Lemmata wie »Staatsbürgerschaft«,
»Dilemma« oder »Moraltheorien« ausgewählt
und dargestellt wurden. [6] Auch hier war die Auswahl der behandelten Begriffe
an ihre Aktualität im gesellschaftlichen Diskurs gebunden, um Antworten
auf wichtige gegenwärtige und künftige Fragen der deutschen Gesellschafts-
und Staatsentwicklung geben zu können; diesem Umstand ist die Aufnahme
von Lemmata wie »Armut« oder »Migration« zu verdanken.
An allen diesen Werken und Reihen orientiert sich das vorliegende Wörterbuch
inofern, als es den lexikalischen Aufbau übernimmt, sonst aber für
die Darstellungsform die Essays von Michel Eyquem de Montaigne (1533-1592)
[7] und für die Art der Reflektion über einen Begriff die philosophische
Metaphorik von Ralf Konersmann zum Exempel wählt. [8]
Gleichwohl unterscheidet sich das hier vorgelegte »Kulturwissenschaftliche
Wörterbuch« in Ausrichtung und Konzeption von sienen Vorgängerwerken.
Der Anspruch beispielsweise, nur »gegenwärtig relevante Forschungsgegenstände«
[9] sowie den jeweils neuesten Forschungsstand zu repräsentieren und
den Verlauf der Beurteilungen und Kategorisierungen in der Geschichte eines
Lemmas bei prominenten Vertretern ihrer Faches darzustellen, erhebt das
vorliegende Werk nicht. Es werden daher hier sowohl Begriffe behandelt,
die als Wort in der deutschen Sprache bereits nahezu untergegangen sind
und vergangene Phänomene betreffen (z.B. »Industrieritter«)
als auch solche, die vielleicht in der Zukunft erst eine größere
Rolle spielen werden und deren Genesis eben erst in der Gegnwart soziokulturell
beobachtet werden kann (z.B. »Carrotmob«).
Ebenso ist die thematische Auswahl der Lemmata ungewöhnlich. Dies
hat namentlich damit zu tun, daß die behandelten Phänomene von
der Wissenschaft bisher entweder a) gar nicht beachtet, b) nicht in der
hier behandelten Perspektive dargestellt worden sind oder c) einen Überblick
über den Forschungsstand bereits an anderer Stelle geschehen ist,
der eine Doppelarbeit unnötig macht. Worum es also gehen mußte,
war weniger eine Wiederholung bekannter Positionen oder eine Zusammenfassung
der bisher in der Forschung vertretenen Standpunkte, als vielmehr eine
originäre Darstellung der Lemmata aus der Sicht eines - von mehreren
- möglichen Standpunkten des »cultural turn«, zugleich
aber auch eine Einbettung des jeweiligen Lemmas in seine Umgebung, in interdisziplinäre
»Wohnorte« des Lemmas: So »wohnten« beispielsweise
Schnitzkirschsteine in den fürstlichen Wunderkammern, ohne die sie
nicht denkbar gewesen wären und aus diesem Grund mußten auch
die Wunderkammern für eine Betrachtung des Lemmas der Schnitzkirschsteine
mit herangezogen werden (siehe Schnitzkirschsteine).
Zum Anderen unterscheidet sich das »Kulturwissenschaftliche Wörterbuch«
von seinen Vorgängern auch darin, daß es nicht von einem Autorenkollektiv,
sondern - abgesehen von einzelnen Gastautorenartikeln - von einer Einzelperson
verfaßt wurde, deren spezifische Wissenssozialisation, deren individueller
Erfahrungshorizont und deren persönliches Erkenntnisinteresse und
persönlicher Forschungsstand maßgebend war für die Lemma-Auswahl.
[10] Aus diesem Grunde wurden in den einzelnen Artikeln Termini auch gelegentlich
auf eine unkonventionelle Weise bearbeitet und gedeutet; sie sind dabei
natürlichermaßen und durchaus nicht notgedrungen, wie das auch
schon Ulfig 2003 formuliert hat, subjektiv. [11]
Das vorgelegte »Kulturwissenschaftliche Wörterbuch«
ist daher nicht nur der sichtbare Ausdruck einer jahrelangen geisteswissenschaftlich
orientierten Forschungstätigkeit, sondern selbstverständlich
auch das Abbild eines Weltbildes, welches, beeinflußt durch bestimmte
Schulen, Theorien und Modelle, seine eigene Wirkkraft entfaltet. Daß
diese Position legitim ist, hat schon Karl Jaspers, zwar mit Bezug auf
die Philosophie, der jedoch auch auf die Kulturwissenschaften übertragbar
ist, konstatiert: "Philosoph zu sein ist kein spezifischer Beruf; der Philosoph
ist auch kein gestaltetes Ideal, nach dem der Mensch sich formen könnte,
um es zu werden; das Sein des Philosophen ist das Selbstwerdenwollen, das
in der Breite des Philosophierens sich Raum, Möglichkeit und Ausdruck
schafft." [12] Eine unter vielen möglichen Formen des persönlichen
»Sichausdruckverschaffens« ist auch das vorliegende Wörterbuch.
III. Wörterbuchaufbau
Gemäß den vorher gebrachten Ausführungen ist das »Kulturwissenschaftliche
Wörterbuch« im Vergleich zu den Vorbildwerken quantitativ zunächst
eher geringwertig, da in der nunmehr vorliegenden ersten Lieferung »nur«
Lemmata behandelt werden. Wenn auch die »Enzyklopädie der Neuzeit«
mit beeindruckenden 4.000 Artikeln und das »Historische Wörterbuch
der Philosophie« mit 3.670 Artikeln aufwartet, so kommt doch das
Wörterbuch »Ästhetische Grundbgeriffe« mit »nur«
noch 170 und das »Wörterbuch der philosophischen Metaphern«
mit »lediglich« 40 in sich nicht zusammenhängenden Begriffen
aus. Daher wurde dort - ebenso wie hier beim »Kulturwissenschaftlichen
Wörterbuch« - mehr Augenmerk auf die Qualität als die Quantität
der gedeuteten und erörterten Begriffe gelegt. Zudem wird sich der
Bestand der Lemmata mit der Zeit bedeutend erweitern.
Denn wie die Vorbildwerke wird auch das vorliegende »Kulturwissenschaftliche
Wörterbuch« sukzessive herausgegeben, wobei nicht der Herausgabe
einzelner Bände, sondern einzelner Lieferungen zu je 52 Seiten auf
jeweils 13 Bögen der Vorzug gegeben wurde. Der Umfang des letztendlichen
Gesamtbestandes der Lemmata und die Periodizität der Erscheinungsweise
bleiben dahingegen offen und sind nicht festgelegt. Weitere Lieferungen
erscheinen je nach Artikelanfall und Fertigstellung. Da zudem Vollständigkeit
in der Lexikographie eine Utopie ist, handelt es sich bei jeder Lieferung
um eine abgeschlossene Sammlung von Lemmata, die durch ihre Ergänzung
in weiteren Lieferungen an Umfang und Wert gewinnt.
Diese sukzessive Publikationsweise in überschaubaren Teilen ermöglicht
weiters eine raschere Herausgabe des Werkes, seine schnellere Gebrauchsfähigkeit,
die Aufnahme und Behandlung aktueller Begriffe und die relativ unkomplizierte
Möglichkeit zur Ergänzung und Fortführung; zudem wird ein
Register jeweils die bereits vorhandenen Artikel alphabetisch aufsteigend
in jeder Lieferung neu sortiert und übersichtlich über alle Lieferungen
hinweg fortlaufend mit Seitenzahlen anzeigen. Dieses Register ist auch
im Weltnetz unter der Adresse »www.kuwiwo.de« abrufbar, wo
auch die aktuellen Abonnementbedingungen einsehbar sind.
IV. Annotationen
-
[1] = Zu anderen Versuchen siehe Matthias Kammerer: Kulturwissenschaftliche
elektronische offline-Nachschlagewerke. Versuch einer Sichtung, in: Lexicographica.
International Annual for Lexicography, Band XVIII., Jahrgang 2002, Tübingen
2003, Seite 19–38
-
[2] = Zu diesem semiotischen Kulturbegriff siehe Laurenz Volkmann: Die
Vermittlung kulturwissenschaftlicher Inhalte und Methoden, in: Klaus Sierstorfer
& Laurenz Volkmann (Herausgeber): Kulturwissenschaft interdisziplinär,
Tübingen 2005, Seite 279
-
[3] = Friedrich Jaeger: Vorwort, in: Friedrich Jaeger (Herausgeber): Enzyklopädie
der Neuzeit, Band I., Stuttgart & Weimar 2005, Seite VII-VIII
-
[4] = Joachim Ritter: Vorwort, in: Joachim Ritter (Herausgeber): Historisches
Wörterbuch der Philosophie, Band I., Darmstadt 1971, Seite V-XI
-
[5] = Karlheinz Barck & Martin Fontius & Dieter Schlenstedt &
Burkhart Steinwachs & Friedrich Wolf: Vorwort, in: Karlheinz Barck
(Herausgeber): Ästhetische Grundbegriffe, Band I., Stuttgart &
Weimar 2000, Seite VIII-XIII
-
[6] = Stefan Gosepath & Wilfried Hinsch & Beate Rössler: Vorwort,
in: Stefan Gosepath & Wilfried Hinsch & Beate Rössler (Herausgeber):
Handbuch der politischen Philosophie und Sozialphilosophie, Band I., Berlin
2008, Seite V-VI
-
[7] = Hierzu Hans Peter Balmer: Montaigne und die Kunst der Frage. Grundzüge
der Essais, Tübingen 2008
-
[8] = Ralf Konersmann (Herausgeber): Wörterbuch der philosophischen
Metaphern, Darmstadt 2007
-
[9] = Dieser Begriff ist dehnbar. »Gegenwärtig relevant«
ist kein Forschungsgegenstand per se, sondern er muß erst dazu erklärt
werden. Erst die Bearbeitung als Thema macht ihn relevant und erst dann
hat er auch Gegenwartsbezug. Von einem angeblich allgemein anerkannten
und klar definierten »Gegenwartsinteresse« geht dahingegen
die Enzyklopädie der Neuzeit (Band I., Seite VII.: "... indem sie
nach der Bedeutung der Neuzeit als geschichtliche Epoche und der Neueren
Geschichte als historischer Disziplin für die kulturelle Orientierung
der Gegenwart fragt ...") aus. Auch das Wörterbuch der philosophischen
Metpahern sagt von sich, es habe nur solche Lemmata behandelt, die eine
bis heute anhaltende "ikonische Konstanz" besäßen (Vorwort,
Seite 17). Bei den oben erwähnten Ästhetischen Grundbegriffen
ist man sich des Gegenwartsinteresses aber schon gar nicht mehr so sicher
(Band I., Seite VII: " ... Auf aktuelle Fragen kann das Wörterbuch
natürlich dennoch nur eine enzyklopädisch pluralisierte Antwort
geben ...").
-
[10] = Siehe hierzu Claus Heinrich Bill: Begriffskritik am Terminus Wissenschaftlicher
Forschungsstand. Ein Essay über axiomatische Deutungshoheiten, in:
Nobilitas. Zeitschrift für deutsche Adelsforschung, Folge 5,
Sonderburg 2009, Seite 220-227
-
[11] = Alexander Ulfig: Lexikon der philosophischen Begriffe, Köln
2003, Seite 5. Dort heißt es: "Das Verfassen eines philosophischen
Werkes hängt von einem bestimmten Vorverständnis des Autors ab.
Dieses Vorverständnis fließt in die Konzeption und Gestaltung
des Werkes ein. Eigentlich ist jegliches Tun schon immer vorgeprägt
und insofern selektiv."
-
[12] = Karl Jaspers: Philosophie II., Existenzerhellung, Heidelberg 4.Auflage,
1973, Seite 411
Verfasser: Claus Heinrich Bill, M.A. B.A. |