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Deutsche Besatzungspolitik im Baltikum 1915 bis 1945

Vorstellung zweier Neuerscheinungen des Schöningh-Verlages zu Paderborn

Der Begriff der „deutschen Kolonisation im Osten“ hatte auf expansionslüsterne Deutsche schon immer eine faszinierende Wirkung ausgeübt. In ihrer Tradition in den imperialistischen Kolonisationen von „wilden Gegenden der Neuen Welt“ stehend, die in der Menschheitsgeschichte vor allem für die Kolonisation Afrikas, Australiens, Mittel- und Südamerikas standen, aber auch andere Gebiete wie die Karibik umfaßten, waren sie das, was sich einige Deutsche als Optimum der gesellschaftlich-politischen Entwicklung des deutschen Volkes erdacht hatten. 

Begleitet wurden diese Kolonisationsbestrebungen stets von einer territorialen Ausweitung des eigenen Staatsgebietes und der Errichtung von wirtschaftlich und politisch abhängigen Dependancen. Dabei war auffallend, daß vor allem solche Gebiete Zielländer von Kolonisationen wurden, die einen reichen und ökonomisch ausbeutbaren Ressourcenvorrat besaßen, der im Mutterland nicht in jenem Maße wie im Ausland zu finden war. Hierbei handelte es sich um Bodenschätze, [1] fremde landwirtschaftliche Erzeugnisse und deren Verarbeitungsprodukte (Drogen wie Tabak oder Alkohol), aber auch um menschliche Arbeitskraft. Auffallend indes war, daß stets solche Gegenden zu Kolonien gemacht wurden, die einen „fortschrittlichen“ Niederstatus gegenüber den Deutschen besaßen.

Kolonisieren ließ sich nur, wer technisch und verwaltungsbeziehentlich von den Deutschen in einem „Rückstand“ begriffen wurde oder dort, wo die Verteidigung gegen die deutschen Okkupationen nicht hinreichend genug durchgeführt werden konnten. Abgesehen vom gleichberechtigten Handelsbetrieb waren aber Kolosiationen in den schlimmsten Fällen zugleich auch militärische Inbesitznahmen, war die Kolonisation eine Zwangsmaßnahme, die mit Gewalt durchgesetzt wurde. Doch auch geistige Kolonisation durch christizistische Missionare, die versuchten, Einheimische in fremden Ländern von Ihren Glaubenssystemen abzubringen, gehörten zur in bestimmten Fällen zur gewalttätigen Kolonisation.

Das Kennzeichen dieser kolonisatorischen Gewalt war die Unfreiwilligkeit und die Anwendung von militärischen oder massenpsychologischen Mitteln zur Bezwingung und Modifikation einer bisher mehr oder minder intakt funktionierenden indigenen Gesellschaft. Diese Fremdbeeinflussung durch europäische Kolonisatoren konnte teils in einem Genozid enden, teils wurde sie auch geschickt von den zu Kolonisierenden mit Gegengewalt beantwortet und die Europäer in ihre Schranken verwiesen. Ein Beispiel für einen schleichenden Genozid ist die Ausrottung der Huronen durch französische Siedler und Missionare (vor allem die Einfuhr von Feuerwaffen und Alkohol) in Nordamerika im XVII. Jahrhundert, [2] ein Beispiel für abgewehrte Kolonisationsbestrebungen die Beschränkungen, die europäischen Händlern in Japan zuteil wurden. Es war also in erster Linie der Abwehrstrategie der „Kolonisationsopfer“, die über Wohl und Wehe eroberter Gebiete entschied. 

Neben dem Statusunterschied in der technischen Entwicklung fällt außerdem auf, daß Kolonisatoren von einer ausufernden Ressourcengier gekennzeichnet waren, die sie im eigenen Lande nicht glaubten decken zu können. Aus den verschiedensten Gründen, sei es Knappheit an Nahrung, Bodenschätzen, eine Unzufriedenheit mit politischen heimatlichen Verhältnissen, Großmannssucht und eigene Bedeutungslosigkeit oder auch nur Abenteuerlust, wurden Kolonien angelegt oder der Versuch der Anlegung von Kolonien unternommen. 

Die ausdrückliche Betonung dieses Aspektes - der deutsche Adel sei ein Herrenstand und berufen zur Kolonisierung von „Wilden“ und „Unterentwickelten“ - war ein bewußte Selektion, die in Zusammenhang mit der Erstellung einer sozialen und gruppalen Identität stand. Die Anführung von geschichtlichen Umständen ist stets eine identitäre Selbstvergewisserung der Gegenwart und der herrschenden Eliten der Gegenwart, gleich in welchem Staat oder in welcher Gesellschaft. 
Dabei war die Entscheidung, welche historischen Gegebenheiten für eine gruppale Identitätsbildung und -pflege verwendet werden, immer eine bewußt andere Alternativen ausschließende Entscheidung. Die Anführung geschichtlicher Aspekte ist damit zugleich immer auch eine eingeschränkte und fokussierte Sichtweise, die stets nur bestimmte Umstände betont und andere verschwiegt oder kein Interesse für sie zeigt. 

Geschichtliche Erinnerung ist demnach stets eine gewollte Konstruktion von eigener individueller oder sozialer Vergangenheit.  Daß damit sehr unterschiedlich umgegangen wird, zeigen die von den Verursachern als historische Tatsache in der Gegenwart anerkannte „Shoa“ (Genozid an den Juden durch Deutsche 1939-1945) und der von den Verursachern als historische Tatsache in der Gegenwart nicht anerkannte „Aghet“ (Genozid an den Armeniern durch Jungtürken 1915-1916). [3]

Die unterschiedlichste Beurteilung und Integration oder auch Desintegration und Umwidmung historischer Ereignisse und damit spezielle Formen der geschichtlichen Traditionspflege besitzen somit eine große Bedeutung zur Klärung der eigenen gegenwärtigen Selbstvergewisserung und der Schaffung und Aufrechterhaltung eines positiven Selbstbildes, das sowohl durch positive Erinnerungen als auch negative Reminiszenzen geprägt sein kann. Im Falle des deutschen Adels als ehemaliger Stand wurde vor allem die positive Seite der Kolonisation hervorgehoben. 
Sie wird namentlich und durch die Jahrhunderte hinweg mit einer erstaunlichen Kontinuität und in Form einer Erinnerungsmeme reproduziert und angewendet. [4] Diese Adelsmemetik war systemimmanent: Der historische niedere Adel an sich war herrschsüchtig [5] und arbeitete im Auftrag von Hochadeligen mit dem Moment der Gewalt über potentielle Fremde, die - bei Wahrung und Sicherung eigener Interessen (Ämter, Ländereien, Pfründe) - zu eigenen und dienstpflichtigen Untertanen gemacht werden sollten.

Die Zusammengehörigkeit zwischen dem Adel und der Gewaltanwendung kriegerischer Art gehörte stets zusammen: Die Eroberung fremder Gebiete und die Veränderung von Gesellschaften waren adeliges Allgemeingut, wie sie in der Idealfigur des Ritters, materiell mustergültig ausgedrückt im symbolischen Reiterstandbild am Bamberger Dom, ihren sinnfälligen Ausdruck fand: Der Krieg als Kommunikationsform war in der Adelsethik „edel“, das Kriegshandwerk und das berufsmäßige Töten anderer Menschen war „Herrenarbeit“ - und brachten das bei Standesgenossen und außenstehenden hoch angesehene Prestige. [6]
 Die Idee vom „Adel“ - auch unabhängig vom rechtlichen Stand - und die Idee „Kolonisation“ - sei es innere der äußere Kolonisierung - waren demnach seit jeher auf das Engste miteinander verwoben und bedingten einander. Adelige betrachteten sich per se als Kolonisatoren, als Befruchter und Bearbeiter, als Höherentwickler, Züchter, Kultivierer sowie Verfeinerer. 

Und Kolonisatoren bezogen sich im Umkehrschluß auf den Begriff „Adel“ und nahmen an, daß Kolonisation Adel bilde und erschaffe: Wer kolonisiere, sei höherwertig, berechtigter, privilegierter und damit, zumindest begrifflich, „von Adel“. Die enge Verwandtschaft und die Wechselseitigkeit beider Gedankensysteme läßt sich vielfach belegen. [7] 

Für den deutschen Adel besaß dabei neben Afrika, das erst im Vergleich zu anderen europäischen Reichen sehr spät zersiedelt und ausgebeutet wurde, vor allem „der Osten“ eine systemimmanente Bedeutung, deren Ursprünge im Mittelalter liegen. Die Ostkolonisation ist daher auch in den zahllosen Familiengeschichten des östlichen deutschen Adels eine schillernde Erinnerung, die wesentlicher Bestandteil der geschlechtsspezifischen Identität nicht nur einzelner genealogisch zusammenhängender Personalverbände (wie den v.Sydow [8] oder den v.Heydebreck [9]), sondern des ganzen Adelsstandes war und auch im XXI. Centenarium noch ist. Daran erinnert nicht nur das flämische und aus dem Mittelalter stammende, später gern instrumentalisierte Volkslied „Nach Ostland geht unser Ritt“. [10]

Der „Osten“ wurde dabei zunächst ohne spezifische territorialbezügliche Grenzen bezeichnet und war ein Raum, der ohne genaue territoriale Abgrenzung östlich der Reichsgrenzen lag - udn dadurch zu einem Vakuum wurde, das mit inneren Bildern, Utopien und Visionen je nach Belieben und persönlicher Ausgangslage gefüllt werden konnte. [11] Dadurch wurde „der Osten“ schlechthin zu einem Synonym für Eroberungs- und Kolonisationsbestrebungen des deutschen Adels seit dem Mittelalter, als mit dem „Orden der Brüder vom Deutschen Haus Sankt Mariens in Jerusalem“ (dem Deutschen Orden) im XIII. Centenarium die ersten deutschen Siedler nach Preußen und Masuren kam, [12] nachdem bereits früher ordensunabhängig durch westdeutsche Fürsten Mecklenburg (Heinrich der Löwe) und die Mark Brandenburg neu besiedelt worden waren. 

An die enge Konnektivität zwischen „Adel“ und „Kolonisation“ erinnert nicht zuletzt die Euphorie, die den deutschen Adel ergriff, wenn er nach einiger Zeit der Saturierung seiner Eroberungsbestrebungen wieder „Neuland“ entdecken konnte. Dies war stets verbunden mit kriegerischer Gewalttätigkeit, mit Zwang und Repressalien, auf die nun neuerdings zwei Neuerscheinungen aufmerksam machen, die sich mit der Geschichte der deutschen Besatzungen und Verwaltungsausführung „im Osten“ befassen, deren Schwerpunkte auf dem XX. Jahrhundert liegen. 

Christian Westerhoff beschäftigt sich in seiner Dissertation „Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg. Deutsche Arbeitskräftepolitik im besetzten Polen und Litauen 1914-1918“ [13] ebenso wie Sebastian Lehmann im Sammelaufsatzband zu einer wissenschaftlichen Tagung mit dem Titel „Reichskommissariat Ostland. Tatort und Erinnerungsobjekt“ [14] mit diesem Ideenkomplex.  Beider Standpunkt ist jedoch nicht der des Adels oder der Träger von „Adelsideen“, sondern die der kritischen Forschung. 

Beide zeitgenössischen Historiker setzen sich mit den negativen Folgen der deutschen Kolonisation, in der Ukraine, im Baltikum und in Polen auseinander, wie sie in den Jahren 1914 bis 1944 entstanden. Obgleich sich beide Werke auf unterschiedliche Verwaltungseinheiten - bei Westerhoff das „Generalgouvernement Warschau“ (1915-1918) sowie das „Land Ober-Ost“ (1916-1918) [15] und bei Lehmann das Reichskommissariat Ostland“ (1941-1944) - beziehen, sind durch sie und mit ihnen doch gewisse Kontinuitätslinien sichtbar, die von den mediävistischen Ostsiedlungen Heinrichs des Löwen bis hin zum zeitgeschichtlichen Reichskommissariat Ostland im Dritten Reich sichtbar werden.

In allen diesen Fällen seit dem Mittelalter bis zur Moderne ergab sich „im Osten“ und vor allem jenseits der Grenzen Deutschlands eine mehr oder minder kriegerische Eroberung, die anschließend durch die Integration der neuen Territorien in den bestehenden Mutterstaat gekennzeichnet war. Auf die Militärverwaltung folgte manchmal eine Zivilverwaltung, in anderen Fällen aber blieben Militär- und Zivilverwaltung in einer Kompetenzhand gebündelt. Gleichwohl lassen sich Ober-Ost und Ostland nicht unbedingt in eine teleologische Linie setzen: Zwar ging es beiden Grundideen zufolge um die Domestizierung der Zivilbevölkerung und zugleich die ökonomische Ausbeutung der dortigen Ressourcen für die deutsche Kriegswirtschaft, doch der entscheidende Unterschied war, daß es den Führern von Ober-Ost im ersten Weltkrieg um eine ethnische Manipulation, den Führern vom Ostland um eine ethnische Eliminierung ging. [16]
Deutlich wird dies unter anderem an der Haltung des Gelehrten Kurt v.Rümker (1859-1940) aus dem ersten Weltkrieg. Dieser Verwaltungsbeamte gehörte einem erst 1896 geadelten mecklenburgischen Geschlecht an, war zuletzt Doktor der Philosophie, Doktor der Agrarwissenschaften honoris causa, ordentlicher Professor an der Landwirtschaftlichen Hochschule Berlin und Königlich Preußischer Geheimer Regierungsrat sowie Pächter von Emersleben bei Halberstadt. [17] Trotz seiner hohen Bildung verweigerte der Militäragronom v.Rümker in Ober-Ost, wo er als landwirtschaftlicher Funktionsträger aktiv war, die Einrichtung einer litauischen Landwirtschaftsschule mit der Begründung, „die Litauer hätten sich als Volk noch nicht weit genug entwickelt“. [18] Auch der Landrat außer Diensten Alfred v.Goßler (1867-1946), der die Schulpolitik von Ober-Ost mitbestimmte, dachte mit weitreichenden Befugnissen - er war Leiter der Militärverwaltung Kurland in Mitau - ähnlich und faßte es durchaus nicht als perlusorisch auf, wenn er anordnete, unter den Lehrern der Schulen alle „auszumerzen“, die sich ins seinem Sinne als „unzuverlässige und schlechte Elemente“ herausstellen würden. [19] Für beide Funktionäre ging es nicht um die Tötung von Einheimischen, sondern um die Ausschaltung bestimmter Positionsträger aus dem öffentlichen Leben.

Mit Goßler wie mit Rümker wurden hier nur zwei Funktionäre unter einer Vielzahl von Amtsträgern mit weitreichender Entscheidungsbefugnis genannt. Mit diesen beiden adeligen Protagonisten verhielt es sich später - in der Frage der Erinenrungskultur - ähnlich wie mit späteren Funktionären im Ostland. Es ist - in beiden Fällen - bestenfalls dem historischen Gedächtnis noch bekannt, daß sie „im Osten“ während des Krieges temporär Aufgaben wahrgenommen hatten, die zumeist deutlich über ihren deutschen und damit heimatlichen Wirkungskreis hinausreichten. Rümker war Pflanzenzüchter und Goßler wäre als Landrat bestenfalls Vorsteher eines Landkreises gewesen. Beide aber betrieben, wenn auch nur ausgestattet mit umschränkten Machtbefugnissen über weite Gebiete, in Ober-Ost großräumige Volkstumspolitik. 

Auch Wilhelm Freiherr v.Gayl (1879-1945) und Friedrich v.Schwerin (1863-1936) wuchsen mit großräumigen Vertreibungs- und Siedlungsphantasien über ihre beruflichen Grenzen hinaus. [20] Der Jurist und Corpsstudent Gayl war Direktor der Ostpreußischen Landgesellschaft, bevor er in Ober-Ost Chef der Militärverwaltung Litauen in Kaunas, später unter Papen Reichsinnenminister wurde. Schwerin war Regierungspräsident in Potsdam, hatte 1916 das Land Oberost bereist und Annexionspläne in Denkschriften propagiert. [21] Alle diese Funktionäre erlagen dabei dem Reiz „des Neuen“ und dem Reiz, selbst „Ostlandritter“ zu werden, die Eroberung von Land in Form einer adeligen Memenwiederholung des Mittelalters, eine Art reaktiviertes Reenactment mit echten Opfern, nachzuvollziehen und einen neuen deutschen Satellitenstaat aufzubauen.

Aber nicht nur die Visionen und die Tätigkeit von adeligen Verwaltungsbeamten in der Ostkolonisation ist für die historische Betrachtung wertvoll, sondern auch die Konstruktion der Erinnerung daran, die häufig legendenumwoben war. In der eigenen und fremden Reminiszens waren diese ehemaligen Nobilitätsangehörigen vor allem Verwaltungsfachleute, deren hervorragendstes Merkmal die Amtspfründen waren, auf die sie im Privaten mit Stolz ebenso zurückblickten wie auf ihre organisatorischen Fähigkeiten. [22] Ihren inhaltlichen, nationalistischen und damit politische Veränderungswillen in den besetzten Gebieten zwangsweise eine Germanisierung durchzuführen, blieben in der öffentlichen Meinung zumeist außen vor und spielten nach 1945 und im demokratischen Zeitalter so gut wie keine Rolle mehr. [23]

Begünstigt wurde diese Sicht, wenn überhaupt bekannt war, daß sie „im Osten“ Aufgaben wahrgenommen hatten, durch die Diskontinuität ihrer Kriegstätigkeiten, die meist nur wenige Jahre andauerte und noch dazu im Ausland stattfand, bevor sie in ihr „altes Leben“ zurückkehrten. Goßler beispielsweise flüchtete am Ende des zweiten Weltkrieges von Schlesien nach Ostholstein, wo er 1946 als ehemaliger Berliner Casinogesellschaftler auf dem Gut Testorf, nachdem er als schlesischer Flüchtling bei der Familie v.Abercron in Holstein einen ländlichen Unterschlupf gefunden hatte, [24] verblich. [25] Ein Gleiches galt für Hinrich Lohse, einen ehemaligen Bankangestellten und den ersten Reichskommissar für das Ostland, der sich nach 1945 eine Pension als ehemaliger Oberpräsident von Schleswig-Holstein erstritt und bis 1964 in Holstein in Mühlenbarbek auf dem Dorf lebte.

Aber es gab nicht nur personelle Parallelen zwischen Ober-Ost und Ostland, auch eine weitere Gemeinsamkeit fällt mit der Betätigung der Deutschen in ur- und frühgeschichtlichen Fragen auf. Hierbei wurden Artefakte einer Vergangenheit ausgegraben und von Experten „deutsch“ gedeutet, um die eigene Anwesenheit vor Ort zu legitimieren.26 Gemeinsam waren Ober-Ost und dem Ostland fernerhin die Einstufung der einheimischen Bevölkerung als mehr oder minder „rückständig“ oder gar „minderwertig“ und der von den Deutschen angeeignete Habitus von „Kolonialherren“ und „Entdeckern“ [27] sowie teils, wie in Litauen im zweiten Weltkrieg, als „Befreier“. 

In beiden kompliziert organisierten Verwaltungsstrukturen von Ober-Ost und Ostland gab es zudem Kompetenzstreitigkeiten, wie sie an der Tagesordnung waren und von Ludendorff (Ober-Ost) und Hitler (Ostland) auch bewußt geschürt worden waren. [28] Allerdings war die Qualität dieser Systemkonflikte unterschiedlich ausgestaltet. Denn die Reichskommissare Ukraine (Erich Koch) und Ostland (Hinrich Lohse) standen nicht, wie vergleichbare Reichskommissare für Norwegen (Josef Terboven) oder die Niederlande (Arthur Seyß-Inquart) unmittelbar unter Hitler, sondern unter Ostminister Alfred Rosenberg, [29] ein Umstand, der in sich bereits zu großen Rivalitäten führte, die teils skurrile Züge annahmen, vor allem, wenn die Beziehungsebenen zu anderen Entscheidungsträgern im Ostland (Polizei, SS, Arbeitskräfte- und Volkstumspolitik) hinzukamen.

In allen Fällen jedoch blieb die Ostkolonisation ein wichtiges Fundament auch des adeligen Selbstverständnisses, ein Teil des Standeserbes und des Bourdieuschen kulturellen und materiellen Kapitals des Adels - oder später - solcher Eliten, die sich als adelig verstanden oder in deren Tradition stehen wollten. Und in allen diesen Fällen blieb die gewalttätige Ostkolonisation und der Wunsch nach einer „plein pouvoir“ ohne Pönitenzbewußtsein positiv besetzt, als „Aufbauleistung“, [30] als „Kultivierung“, [31] als Errichtung „deutscher Sitte und Ordnung“ apostrophiert. [32] Zu den Protagonisten dieser Ideenwelt gehörte bereits im Jahre 1926 beispielsweise der spätere NS-Widerstandskämpfers Ewald v.Kleist-Schmenzin (1890-1945), dessen Gedanken symptomatisch als adelige Memefigur aufgefaßt werden können: Er schwärmte schon in der Weimarer Republik davon, „welch ein Jungbrunnen östlich unserer Grenze erworbenes Kolonialland bei unbeschränkten Siedlungsmöglichkeiten wäre,“ [33] dabei die für diese Vision notwendigen Gewaltmaßnahmen über die Populace ausblendend.
Auch der ehemalige Oberförster und vormalige ostpommersche Gutsbesitzer Fritz v.Bodungen (1879-1941), war ein Verfechter der Ostlandidee. Er engagierte sich in der Weimarer Republik für die Landvolkbewegung und war zudem Tannenbergbundmitglied und persönlich mit Erich Ludendorff bekannt. Bodungen war außerdem Mitglied der tannenbergbundinternen und seinerzeit nicht an die Öffentlichkeit getretenen "Arbeitsgemeinschaft Landvolkangelegenheiten". Darin befaßte er sich seit mindestens 1932 vor allem mit der Auslegung der Landvolkziele des Bundes und der Planung von Siedlungen reiner Artamanen- und Deutschvolkangehöriger, die in Hundertschaften auf je 1.000 bis 3.000 ha Boden „den Osten“ besiedeln sollten, um so wieder ein "Bollwerk deutscher Art" im „gefährdeten Grenzraum“ zu schaffen. [34]

Ein anderes Beispiel war der später in der BRD bekannte und geschätzte Adelsrechtsexperte Thomas Freiherr v.Fritsch-Seerhausen (1909-2006), der im Jahre 1941 im Offizierscasino zu Kauen als SS-Obersturmführer, Funktionär im Generalkommissariat Lettland des Reichskommissariats Ostland und Schulungsleiter, einen Vortrag auf der ersten Mitgliederversammlung der NSDAP-Ortsgruppe hielt, in dem er auf die „geschichtliche begründete Sendung des deutschen Volkes als Träger der Neuordnung im Ostraum“ hinwies. [35]

Etliche Ost-Anhänger verstanden den inneren Drang „nach Osten“ gar als transzendentes Erlebnis. Sie sprachen von „Aufgabe“, „Ruf“ oder „Sendung“ und deuteten damit an, daß es höhere und überirdische Wesen seien, die sie mit der Kolonisierung „des Ostens“ beauftragt und auserwählt hätten. [36] Mit diesem Kunstgriff erhielten die Kolonisationsbemühungen eine prestigeträchtige gottheitliche Weihe und es stellte sich für die Protagonisten das Bewußtsein ein, daß sie in einem höheren Willen als Werkzeug bester Absichten fungierten. Dadurch entstand eine spirituell betonte „Ostmystik“, bei denen sich die Ausführenden mit dem Willen ihrer Gottheit in Übereinstimmung wähnten.

Diese Mystik befähigte sie wiederum zu großem Fleiß und einem ebensolchen „Aufbauwillen“, aber beeinträchtigte auch ihr humanistisches Verantwortungsgefühl, da dies größtenteils den herrschenden zeitgenössischen Ethiken entsprach und auch entsprechen mußte, wenn die Protagonisten in ihrem System reüssieren wollten. Dennoch gab es systemvergleichende Unterschiede: Für „Ober-Ost“ war die Militärethik der OHL unter Ludendorff der maßgebliche Rahmen, für das „Ostland“ die Rassenethik der NSDAP.

Bodungen, Goßler, Rümker, Gayl, Schwerin, wie auch Fritsch und andere bezogen sich damit explizit auf die erwähnte Memetik des Adels, die schon zuvor gepflegt worden war und schlossen sich einer Argumentationslinie an, auf die sie offensichtlich kein Abandonnement leisten wollten. Die erwähnte Meme setzte sich zudem im Adel durchaus fest, denn nach der teilweisen und temporären Eroberung „des Ostens“ im zweiten Weltkrieg bemühten sich etliche Adelige um vorgeblich „herrenlose“ Höfe, Güter und Ländereien: Nikolaus Prinz von Oldenburg (1897-1970), der sich, obwohl dieser Titel gar nicht mehr aktuell war, auch nach 1919 noch „Erbgroßherzog“ nannte (und im Adel auch noch so genannt wurde), bewarb sich beispielsweise bei Himmler persönlich bereits im Jahre 1941 um „größere Güter“ im Osten nach Kriegsende. Auch Ludolf v.Alvensleben (1901-1970), seines Zeichen SS-Offizier, wollte auf ähnliche Weise reüssieren; er endete jedoch als NS-Flüchtling in Argentinien und nicht auf einem Ostgut. [37]

Und immer dann, wenn neue Kolonisation „im Osten“ aktuell anstanden und historisch legitimiert werden sollte, wurden diese historischen Reminiszenzen im Adel hervorgehoben: Im ersten Weltkrieg ebenso wie im anfänglich desorientierten, beschäftigungslos gewordenen und nach neuen Aufgaben suchenden Adel der Weimarer Republik, [38] im Dritten Reich [39] und besonders auch wieder im zweiten Weltkrieg, [40] wo selbst unbedeutende außereuropäische adelige Kolonisatoren als Vorbild herangezogen wurden. [41] Die Memefigur „Osten“ geisterte damit virulent durch den Adel vieler Epochen in Kultur, Literatur, [42] Politik und Wirtschaft. Sie bot dem Adel, der in seiner westdeutschen Heimat nicht zu reüssieren wußte, alles, was er sich erträumte: Den Ruf zu einem „ritterlichen“ Abenteuer, materiellen Reichtum, die Ausweitung und Installation von Macht, das Bewußtsein einer "gerechten" Eroberung und den positiv betrachteten Transfer eines angeblich „höher“ stehenden Fortschritts, Prestige, Renommage und Ansehen. Kurzum wertete „der Osten“ als Folie die eigene Wertigkeit gruppalpsychologisch auf. 

Das traf auch teils, ohne dies verallgemeinern zu können, in Einzelfällen und damit individualpsychologisch zu:
Der Antisemit Hans-Joachim v.Brockhusen-Justin (1869-1928), im Jahre 1918 inoffiziell als Vertreter Goßlers de facto Chef der Verwaltung der baltischen Lande, [43] war 1914 aus dem Staatsdienst entlassen worden, freilich aus eigenen Stücken, um als Reserveoffizier des 1.Garde-Regiments zu Fuß an der Front zu kämpfen. [44] Über Beziehungen seiner familiären Netzwerke - er besaß in seinem Schwiegervater, Feldmarschall Paul v.Beneckendorff und v.Hindenburg, einen mächtigen Förderer - gelangte er dann nach Ober-Ost, wo er, wie er selbst in seinen Memoiren betonte, die bedeutendste Zeit seines Lebens verbrachte.
Es ist daher nur folgerichtig, daß viele Adelige in den kolonisatorischen modernen Ausläufern der mittelalterlichen Ostsiedlung, sowohl in „Ober-Ost“ im ersten als auch im „Ostland“ im zweiten Weltkrieg, tätig waren und sich engagierten.

Die obersten Verwaltungsbeamten in Ober-Ost waren Adelige [45] und auch im Ostland waren ehemalige Adelige, wenn auch bei weitem nicht mehr in der Quantität wie im ersten Weltkrieg, an führender Stelle an der Verwaltung der Ausbeutung, des „Antipartisanenkampfes“ oder gar der Shoa beteiligt. 1942 waren in der Verwaltung des Ostlandes über 2.500 Reichsdeutsche beschäftigt; [46] wie viele Personen davon aber dem vormaligen Adel angehörten, ist bisher jedoch mangels einem Erkenntnisinteresse bei den Historikern noch nicht geklärt worden. An den Spitzen der Hauptabteilungen des Reichkommisariats standen jedenfalls keine Ex-Nobilitäre, doch unter den Generalkommissaren befand sich der baltendeutsche Doktor der Staats- und Wirtschaftswissenschaften Theodor Adrian v.Renteln (1897-1946). Auch der oben bereits erwähnte Thomas Freiherr v.Fritsch übernahm im Ostland Führungsaufgaben: Er war Leiter der Verwaltungsabteilung im Generalkommissariat Litauen unter Renteln, zugleich aber auch in Personalunion weltanschaulicher Funktionär der SS, der bereits am 1.April 1929 der NSDAP beigetreten war. [47] Als baltendeutsche Adelige wirkten im Generalkommissariat Litauen außerdem Went v.der Ropp (*1903) als persönlicher Referent des Generalkommissars, Thiess v.der Recke als Mitarbeiter im politischen Referat, Richard v.Staden (1890-197) [48] als Leiter der Politikabteilung (zugleich Erbherr auf Duckershof und weiteren Gütern in Livland) sowie Johann Baron v.Grotthus als Sachbearbeiter für agrarpolitische Fragen. [49]

Mit der Einrichtung des Reichskommissariats ergab sich daher eine unerhoffte Möglichkeit für den mit einem weltlichen Bedeutungsverlust versehenen deutschen Binnen- und auch den deutschen Baltenadel, kurzfristig an neue und „standesgemäße“ Funktionen, das heißt in diesem Falle Führungspositionen mit Machtfülle, zu gelangen. Mit der Errichtung des Reichskommissariats schien geradezu eine Renaissance der adeligen baltendeutschen Herrschaft am Horizont aufzuziehen.
Nicht von Adel dahingegen war der nur von seinem Namen her adelig scheinende Jurist Dr. Dr. Hans-Otto von Borcke (1910-1989) als Leiter der Hauptabteilung III. (Wirtschaft) des Generalkommissariats Lettland in Riga, [50] der sich sogar die lettische Sprache selbst beibrachte. [51] Borcke gehörte zuletzt, nachdem Lohse als Reichskommissar bereits im August 1944 mit angeblichen Kreislaufproblemen in den Westen geflüchtet war, [52] noch im Oktober 1944 als "Bezirksdirektor" zum führenden Stab des Generalkommissars für Lettland in Riga. [53] Der nichtadelige SS-Sturmmann und Doppeldoktor der Jurisprudenz und der Staatswissenschaften gehörte dem Adelsstand nicht an, da er 1922 mit dem Geburtsnamen Parnemann lediglich infolge einer justizministeriellen Namensübertragung ohne Adoption den Adelsnamen erhalten hatte. [54] Aus diesem Grunde wurde der Akademiker auch als "Scheinadeliger" von der Adelsgenossenschaft betrachtet.

Im Ostland tätig war auch, obwohl er nicht zur Zivilverwaltung gehörte, der SS-Hauptsturmführer v.Neurath, der sich Anfang des Jahres 1942 mit einer "Peitschenaffäre" im jüdischen Ghetto von Riga einen unrühmlichen Namen gemacht hatte und wegen Gewalttausübung mit seiner Reitpeitsche strafversetzt worden war. [55]

Mit dem baltischen Freikorpskämpfer Walter-Eberhard Freiherr v.Medem (1887-1945), der standesgemäß im Schloß zu Mitau seinen Dienstsitz hatte, fand sich jedoch ein tatsächlicher ehemalig titulierter Adeliger unter den Gebietskommissaren. [56] Medem, der auch als Journalist tätig war, war auf das Engste mit dem Adelsstand verknüpft, gestattete ihm doch die Deutsche Adelsgenossenschaft in der Weimarer Republik lange Zeit die Leitartikel des Deutschen Adelsblattes zu verfassen. Er flüchtete im Spätsommer durch den Lieferanteneingang seines Dienstsitzes, nachdem überraschend der Schloßhof von Sowjets erobert worden war. [57]

In der späteren Nachkriegserinnerung an diese Zeiten blieben bei den Protagonisten allerdings weniger diese seltsamen Fluchtumstände, sondern viel mehr die großen „Berufungen“, die ihnen übertragen worden waren oder die sie im Windschatten der deutschen Kriegstätigkeiten an sich gerissen hatten. Auf diese Legenden gehen im Übrigen auch beide genannten Bücher ein. Sie beziehen sich nicht nur auf die historischen Gegebenheiten, erschöpfen sich durchaus nicht im rein Empirisch-Deskriptiven, sondern schauen in erweitertem Blickwinkel auch auf die Erinnerungskultur der Protagonisten im Rückblick auf deren Wirken. [58] Für die Protagonisten der Ostsiedlung blieb ihre Tätigkeit in der Erinnerung eine positive Ordnungs- und Aufbaumaßnahme, während die Verantwortung, die Beihilfe oder sogar Durchführung von Unterdrückung, Repressalien, Zwangsarbeit und Genozid ausgeblendet wurden. So behauptete Ernst Wrisberg 1921, die Militärforstverwaltung Bialowies sei 1717/18 ein „Ruhmesblatt in der deutschen Verwaltungsgeschichte“ gewesen [59] und ebenso sah Hinrich Lohse, Ex-Reichskommissar Ostland, nach 1947 seine Tätigkeit als Zivilverwalter, der mit nicht nur mit der Shoa nichts zu tun gehabt habe, sondern im Gegenteil dem Holocaust nur entgegengearbeitet habe. [60]

In den beiden hier zu besprechenden Bänden aber wird die andere Seite, die Kehrseite des Positivismus, dargestellt. Westerhoff sensibilisiert die Lesenden für die Frage, inwieweit in Ober-Ost und im Generalgouvernement Warschau die einheimische Bevölkerung zur Zwangsarbeit in der Land- und Forstwirtschaft, in Berg- und Straßenbau herangezogen wurde [61] und Lehmann macht darauf aufmerksam, daß der Holocaust auch im Reichskommissariat Ostland stattfand, welchen Repressalien (Ghettoisierung, Zwangsarbeit und Ermordung) auf die Zivilbevölkerung angewendet wurden, wie die Nachkriegszeit mit den Tätern und Opfern umging und welches Selbstbild Täter der Verwaltung entwickelten und verteidigten. Beide Bücher nehmen  die ganzheitlichere Sicht auf die deutschen Verwalter „im Osten“ unter Kriegsbedingungen unter die Lupe, wobei es erstaunliche Parallelen, auch in der Erinnerungskultur der Verklärung, gibt. 
Vor allem der letzte Punkt wurde durch die jahrzehntelange Unerreichbarkeit auswärtiger Akten und Dokumente begünstigt, die stets und fast ausschließlich die deutsche Sicht der Protagonisten auf diese Zeit heterogenisierte. Westerhoff wie Lehmann aber haben hier ein neues Kapitel aufgeschlagen, da ihre Werke auch unter Benutzung von baltischen und russischen Quellen entstanden sind. Das geweitete Blickfeld kann daher in beiden Fällen auch zu einer Differenzierung des Ostbildes der Deutschen beitragen und ist geeignet, bisherige eher einseitige Darstellungen vom „Volk ohne Raum“ [62] zu ergänzen und zu korrigieren. Mit beiden Werken wird die Deutungshoheit der Ost-Protagonisten, die allzulange ihr eigenes Bild „vom Osten“ verbreiten konnten, gebrochen und der wissenschaftlichen Erarbeitung des Themas eine erhöhtes Gewicht verliehen, der Multiperspektivität Bahn gebrochen.

Bei Westerhoff ist die Entwicklung der Erforschung schon weiter vorangeschritten, was sich er auch mit der länger zurückliegenden Zeit zu tun haben mag; sie wendet sich daher einem Spezialaspekt - der Zwangsarbeit - zu, während das Lehmannsche Werk versucht, über Einzelfallstudien aus den unterschiedlichsten Bereichen des Reichskommissariats Ostland ein Gesamtbild anzufertigen, auch wenn eine umfassende Geschichte des Reichskommissariats Ostland immer noch aussteht. Ansätze für solch eine Universalgeschichte dazu bestehen jedoch bereits seit jüngster Zeit, beispielsweise vorbildlich für das Generalkommissariat Litauen innerhalb des Ostlandes. [63]  Aber für das Ostland insgesamt steht zum Beispiel noch eine Klärung der Stellenbesetzungen aus, die bisher nur bruchstückweise vorliegt, auch, weil die Behörde eine endgültige Verwaltungsstruktur nie gefunden hatte, sondern den Anforderungen der Territorialveränderungen von Zugewinn und TRückeroberung durch die Sowjetunion immer hinterherhinkte. [64] Allein dieser Umstand zeigt schon, welche Desidarte hier noch bestehen. 

Mögen indes beide Publikationen dazu anregen, sich über weitere „Ostfragen“ Klarheit zu verschaffen, nicht zuletzt, weil die in Rußland, im Baltikum und in der Ukraine stattgefundene Geschichte immer auch ein Teil der deutschen Geschichte ist und bleiben wird. Freilich gilt auch: Ober-Ost und Ostland gehören im XXI. Jahrhundert als Negativfolie zur Erinnerungskultur der wiedervereinigten BRD und tragen auf diese Weise auch zur bundesdeutschen Identität als demokratischer Staat und der Hochahltung der Menschenrechte sowie dem Schutz von Minderheiten bei. Aber über dieses Kapitel - die Frage, warum sich eine Gesellschaft nur mit speziellen Aspekten ihrer Vergangenheit besonders intensiv auseinandersetzt - haben erst spätere Generationen von Historikern, Soziologen und Kulturwissenschaftler zu schreiben und zu urteilen.

Diese Rezension stammt von Claus Heinrich Bill und erschien zuerst in der Zeitschrift Nobilitas für deutsche Adelsforschung, Jahrgang XIV (2011).

Annotationen:

  • [1] = Eine entsprechende Begehrlichkeit danach läßt sich auch im Adel feststellen. Siehe dazu beispielhaft Walter Lammert: Das Donez-Becken, einer der größten Kohlenbezirke der Welt, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LIX. (1941), Seite 686-688
  • [2] = Karl Schormann: Der Untergang der Huronen, Bremerhaven 2002, Seite 112
  • [3] = Dazu siehe weiterführend Elke Hartmann: Armenier im Osmanischen Reich, in: Detelf Brandes & Holm Sundhausen & Stefan Troebst (Herausgebende): Lexikon der Vertreibungen. Deportation, Zwangsaussiedlung und ethnische Säuberung im Europa des 20. Jahrhunderts, Köln & Wien & Weimar 2010, Seite 46-48 sowie Dieter Pohl: Juden, in: Ibidem, Seite 313-315 
  • [4] = Unter „Meme“ wird hier gemäß eine Information aus Vorstellungswelten und Glaubenssystemen verstanden, wie sie bei Rolf Breitenstein definiert werden (Memetik und Ökonomie, Münster in Westfalen 2002) 
  • [5] = Es soll nicht verschwiegen werden, daß der organisierte deutsche Adel vor 1945 aber nicht nur nur am Herrschendenstatus Interesse hatte, sondern auch Verpflichtungen in seiner Ethik kannte. Vielen war es eine Selbstverständlichkeit, für die anvertrauten Lehen und Ländereien und „ihre Leute“ zu sorgen. Wie in jeder Gruppe gab es dabei patriarchalisch-hausväterliche, aber auch despotisch-diktatorische Adelige. Es ist hier indes nicht der Ort, über derlei Ausrichtungen in der Adelsethik zu referieren. „Der Ritt nach Osten“ sprach zunächst einmal wegen des im Vordergrund stehenden Eroberungsfeldzugs und der darin begründeten Vertreibungs- und Unterjochungspolitik deutlich die kriegerische Seite des Adels an. 
  • [6] = Zum adeligen Grundsatz „Ehrenvolle Taten sind nichts Anderes als eine allgemein gebilligte Form von Aggression“ siehe Thorstein Bundle Veblen: Theorie der feinen Leute, Köln 1958, Seite 35-39 und 277-278
  • [7] = Dies gilt nicht nur für ein populärwissenschaftlich-apologetisches Werk wie das des Bibliothekars Johannes Rogalla v.Bieberstein: Adelsherrschaft und Adelskultur in Deutschland, Limberg an der Lahn 1998, sondern auch für das in vielen Auflagen als adelige Erinnerungkultur prägende Publikation des Historikers Walter Görlitz (1913-1991) mit dem Titel „Die Junker. Adel und Bauer im deutschen Osten. Geschichtliche Bilanz von 7 Jahrhunderten“, das erstmals 1956 in Glücksburg erschien und bis 1981 in vier Auflagen vertrieben wurde. Zu der positiven Aufnahme des Görlitzschen Werkes im ehemaligen deutschen Adel siehe E.H. v.Groll: Junker aus historischer Sicht, in: Deutsches Adelsarchiv, Jahrgang XIII., Melle 1957, Seite 24-27
  • [8] = Siehe hierzu vertiefend Ferdinand v.Sydow & Hans v.Sydow: Genealogie der Familie v.Sydow, Hamburg 3.Auflage 1969 (Privatdruck als Manuskript), wo auch von der Familie als typischer Kolonosationsfamilie die Rede ist (Seite 3-4). 
  • [9] = Hierzu siehe Hans Georg v.Heydebreck & Claus Heinrich Bill: 750 Jahre Heydebrecks. Die Familie v.Heydebreck vom Mittelalter bis heute 1254-2004, Limburg an der Lahn 2004  
  • [10] = Horst Fuhrmann: Einladung ins Mittelalter, München 3.Auflage 2004, Seite 267. Der Liedtext lautet: „Nach Ostland geht unser Ritt, hoch wehet das Banner im Winde, die Rosse, sie traben geschwinde, auf, Brüder, die Kräfte gespannt: Wir reiten in neues Land. Hinweg mit Sorge und Gram! Hinaus aus Enge und Schwüle! Der Wind umwehet uns kühle, in den Adern hämmert das Blut, wir traben mit frohem Mut. Laut brauset droben der Sturm, wir reiten trotz Jammer und Klage, wir reiten bei Nacht und bei Tage, ein Haufe zusammengeschart, nach Ostland geht uns´re Fahrt.“ Dieses Lied ist eine Umdeutung aus einem alten flämischen Liebeslied, welches, anfänglich nur mündlich tradiert, in einer seiner verschriftlichten Formen unter anderem folgenden Wortlaut hatte: „1. Naer Oostland willen wy ryden, naer Oostland willen wy meê, al over die groene heiden, frisch over die heiden, daer isser een betere steê. 2. Als wy binnen Oostland komen al onder dat hooge huis, daer worden wy binnen gelaten, frisch over die heiden, zy heeten ons willekom zyn. 3. Ja, willekom moeten wy wezen, zeer willekom moeten wy zyn. Daer zullen wy avond en morgen, frisch over die heiden, nog drinken den koelen wyn. 4. Wy drinken den wyn er uit schalen en 't bier ook zoo veel ons belieft; daer is het zoo vrolyk te leven, frisch over die heiden, daer woont er myn zoete lief.“ Das Lied, eigentlich ein Liebeslied, stammt mit diesem Text aus einer Zeit, in der etliche Flamen und Brabanten nach Osten - den Norden Deutschlands - emigrierten (August Heinrich Hoffmann v.Fallersleben: Niederländische Volkslieder, Hannover 2.Auflage 1856, Seite 209-210). Es wurde späterhin über einen europäischen Kulturtransfer umgewidmet. Es kann zudem religionspsychologisch gedeutet werden, denn es stellt ist eine spezifische Form religiöser Zukunftsbewältigung bei zuvoriger Konstatierung eines subjektiv empfundenen Mangelzustandes und damit ein Heilversprechen dar. Bemerkenswert ist an diesem Lied, daß die später gern in der NS-Zeit genutzten gewaltverherrlichenden Aspekte nicht erwähnt werden. Anders ist es bei den folgenden Lied, das Heilsversprechen und Kriegsglorifizierung miteinander kombiniert und außerdem deutlichen Transzendenzbezug nimmt, wobei sich die Sänger oder Rezitatoren auf der Seite eines Gläubigen wähnten, für den die eigene Gottheit infolge kriegerischer Tugend eine Belohnung in der Zukunft bereithalten würde: „So woll'n wir marschieren gen Ostland hin, uns Boden und Land zu erstreiten. Und das Recht, das der Himmel als stolzen Gewinn nur dem Starken schenkt, soll uns begleiten ... Laßt flattern die Fahnen im Wind, laßt leuchten ihr Sonnenrad kühn. Ihr blutiges Rot verkünde, daß wir in die Ewigkeit zieh´n“. Diese Liedfassung war auf einem Erinnerungsblatt für abgehende Lehrgangsteilnehmer der NS-Ordensburg Krössinsee im Kreis Dramburg in Ostpommern im Jahre 1938 abgedruckt und von einem der Lehrgangsteilnehmer komponiert worden. Siehe dazu Franz Albert Heinen: NS-Ordensburgen Vogelsang, Sonthofen, Krössinsee, Berlin 2011, Seite 91. Zur Politisierung des Ostlandliedes siehe ausführlicher Jan Goossens:Das Lied Nach Ostland wollen wir reiten in Deutschland, in: Maik Lehmberg (Herausgeber): Sprache, Sprechen, Sprichwörter. Festschrift für Dieter Stellmacher zum 65.Geburtstag, Stuttgart 2004, Seite 381-387, der zu ähnlichen Ergebnissen kommt wie der Rezensent
  • [11] = Dazu auch Gerda Zorn: Nach Ostland geht unser Ritt. Deutsche Eroberungspolitik zwischen Germanisierung und Völkermord, Berlin & Bonn 1980
  • [12] = Ausführlich zur seit dem IX. Jahrhundert einsetzenden Siedlungsbewegung der Westdeutschen „im Osten“ siehe Klaus Dieter Schulz-Vobach: Die Deutschen im Osten. Vom Balkan bis Sibirien, Hamburg 1989
  • [13] = Christian Westerhoff: Zwangsarbeit im Ersten Weltkrieg. Deutsche Arbeitskräftepolitik im besetzten Polen und Litauen 1914-1918 ( Band XXV. der Reihe „Studien zur historischen Migrationsforschung“, herausgegeben von Klaus Bade & Jochen Oltmer), erschienen im Schöninghverlag, Paderborn 2012, gebunden, 377 Seiten, Preis: 39,90 Euro
  • [14] = Sebastian Lehmann & Robert Bohn & Uwe Danker (Herausgebende): Reichskommissariat Ostland. Tatort und Erinnerungsobjekt. Eine Publikation des Instituts für schleswig-holsteinische Zeit- und Regionalgeschichte der Universität Flensburg und des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes (Band VIII. der Reihe „Zeitalter der Weltkriege“, herausgegeben vom Militärgeschichtlichen Forschungsamt der BRD in Potsdam), erschienen im Schöninghverlag, Paderborn 2012, gebunden, 373 Seiten, Preis: 34,90 Euro
  • [15] = Nicht behandelt wird aber Die deutsche Militärverwaltung der baltischen Lande 1918: Nachdem deutsche Truppen im Zuge der Offensive gegen Rußland im März 1918 Estland und Lettland erobert hatten, wurde im Schutze der deutschen Front im Hinterland alsbald eine deutsche Verwaltung nach den Bestimmungen der Haager Landkriegsordnung eingerichtet. Sie nahm nach Auflösung des sogenannten Gebietes Ober-Ost am 18.Juni 1918 als "Militärverwaltung der baltischen Lande" ihre Tätigkeit auf und unterstand dem AOK 8 des Generalobersten Graf v.Kirchbach. Territorial zuständig war sie für Kurland, Estland, Livland und die baltischen Inseln. Politisch unterstand sie dem Unterstaatssekretär Freiherr v.Falkenhausen im Reichsamt des Innern als „Reichskommissar für die Ostseegebiete“. Aufgeteilt wurde die Militärverwaltung in die einzelnen Provinzial-Verwaltungen, denen wiederum die Ressortbehörden unterstanden. In Folge der revolutionären Ereignisse im Deutschen Reich (9.11.1918) wurde die Militärverwaltung in eine der Reichsregierung unmittelbar unterstellte Zivilverwaltung umgewandelt. Damit war der Besatzungsarmee ein weiteres Verbleiben in Estland nicht gestattet, die Militärverwaltung wurde aufgelöst. In Estland hatte man zudem am 13.November 1918 die Verwaltung in die Hände der Republik zurückgelegt. Einen Tag später wurde August Winnig von der provisorischen deutschen Regierung zum "Generalbevollmächtigten des Deutschen Reiches für die baltischen Lande" ernannt (Quellen: Carl Petersen: Handwörterbuch des Grenz- und Auslandsdeutschtums, Breslau 1938, Seite 353-255 sowie Bundesarchiv Koblenz: Der Weltkrieg 1914-1918, Band XIII., Koblenz 1956, Seite 368, 370 und 389)
  • [16] = Zu diesem Ergebnis kommt auch Vejas Gabriel Liulevicius (in seinem lesenswerten Aufsatz): Von Ober-Ost nach Ostland, in: Gerhard Groß (Herausgeber im Auftrag des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes): Die vergessene Front. Der Osten 1914/15. Ereignis, Wirkung, Nachwirkung, Paderborn 2006, Seite 295-310
  • [17] = Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser B, Band XXI., Seite 479
  • [18] = Vejas Gabriel Liulevicius: Kriegsland im Osten. Eroberung, Kolonisierung und Militärherrschaft im Ersten Weltkrieg, Hamburg 2002, Seite 162. Rümker hat vor allem anerkannt auf dem Bereich der Pflanzenzüchutng Pionierarbeit geleistet, aber auch politisch Stellung als vermeintlich Statushöherer bezogen. Sein Werk „Mit Schwert und Pflug!“ (erschienen in Stuttgart 1915 mit 37 Seiten in der Schriftenreihe „Der Deutsche Krieg, Politische Druckschriften“ als Heft 47),  ist dafür ein Beispiel für diese herrentümliche Pauschalauffassung und seinen Panegyrismus deutscher Höherwertigkeit, die mit expliziten ethnischen Vorurteilen operierte.
  • [19] = Vejas Gabriel Liulevicius: Kriegsland im Osten. Eroberung, Kolonisierung und Militärherrschaft im Ersten Weltkrieg, Hamburg 2002, Seite 161-162. Goßlers Haltung widersprach eindeutig den Geheimbefehlen Hindenburgs betreffend die Germanisierungspolitik (siehe dazu vor allem Seite 163 bei  Liulevicius.
  • [20] = Liulevicius a.a.O., Seite 124-125. Siehe dazu auch den in der DDR erschienenen Aufsatz von Abba Strashaz: Die deutsche Militär-Verwaltung Oberost. Prototyp der geplanten Kolonialadministration Neuland 1915-1918, in: Wissenschaftliche Zeitschrift der Pädagogischen Hochschule Doktor Theodor Neubauer, Erfurt 1971,Seite 39-44
  • [21] = Vejas Gabriel Liulevicius: Kriegsland im Osten. Eroberung, Kolonisierung und Militärherrschaft im Ersten Weltkrieg, Hamburg 2002, Seite 124. Dazu außerdem Robert Stupperich: Siedlungspläne im Gebiet des Oberbefehlshabers Ost während des Weltkrieges, in: Jomsburg. Völker und Staaten im Osten und Norden Europas, Vierteljahrsschrift, Band V., Leipzig 1941, Seite 348-367 
  • [22] = Goßler bezeichnete die Ober-Ost-Zeit später als die „glücklichste Zeit seines Lebens“. Indes sind die Amtsbezeichnungen aus der Ost-Zeit später nicht in der Öffentlichkeit benutzt worden. Der Jahrgang 1942 des gothaischen Genealogischen Taschenbuches war neben dem Adelsblatt der Jahre 1941 bis 1944 die einzige adelseigene Quelle, in der Ostland-Funktionsämter genannt wurden, die in späteren Nachfolgepublikationen (dem Deutschen Adelsarchiv und Adelsblatt ab 1948 und dem Genealogischen Handbuch des Adels ab 1951) bewußt nicht mehr erwähnt werden.
  • [23] = Eine Ausnahme mag Franz Joseph Prinz zu Isenburg-Birstein (1869-1939) sein, der aufgrund seiner allzu offensichtlichen alldeutschen Bestrebungen als Chef der Militärverwaltung von Litauen demissioniert wurde. Er wurde 1913 Fürst. (Abba Strazhaz: Deutsche Ostpolitik im Ersten Weltkrieg. Der Fall Ober-Ost 1915-1917, Wiesbaden 1993, Seite 45-46)
  • [24] = Seine Neuanschrift nach Flucht 1945 aus dem Osten, in: Deutsches Adelsarchiv (Herausgeber): Flüchtlingsliste, Jahrgang II., Westerbrak 1946, Heft 3, Seite 9 
  • [25] = Zu Goßlers Wirksamkeit in Ober-Ost siehe vor allem Karl-Heinz Hanßen: Alfred Goßler und die deutsche Verwaltung im Baltikum, in: Historische Zeitschrift, Band CCVII. (1968), Seite 42-54
  • [26] = Für Ober-Ost siehe die Berichte der Ausgrabungen bei  Liulevicius a.a.O., Seite 54-61. Für das Ostland siehe Malte Gasche: Die Instrumentalisierung der Prähistorie im Reichskommissariat Ostland, in: Lehmann (a.a.O.), Seite 171-187
  • [27] = Christoph Dieckmann: Deutsche Besatzungspolitik in Litauen 1941-1944, Göttingen 2011, Seite 741
  • [28] = Beispielhaft dafür steht der lesenswerte Beitrag von Sven Jüngerkes: Eine Ohrfeige für den General. Zur rolle von Konflikten innerhalb der deutschen Besatzungsverwaltung im Reichskommissariat Ostland 1941 bis 1944, in dem erwähnten Lehmannschen Werk (Seite 209-228). Dieser Beitrag von Jüngerkes ist außerdem bemerkenswert, weil er multidisziplinär arbeitet und das Reichskommissariat Ostland mit Niklas Luhmanns soziologisch orientierter systemtheoretischer Brille und nicht nur rein historisch-schildernd betrachtet. Für Kompetenzstreitigkeiten in Ober-Ost siehe die strukturalistisch angelegten Zuständigkeiten für ein Sachgebiet bei mehreren Verwaltungsinstitutionen bei Vejas Gabriel Liulevicius: Kriegsland im Osten. Eroberung, Kolonisierung und Militärherrschaft im Ersten Weltkrieg, Hamburg 2002, Seite 82
  • [29] = Lohse und Koch empfanden sich daher auch gern als "Reichskommissare 2.Klasse". Siehe dazu Näheres bei Andreas Zellhuber: Unsere Verwaltung treibt einer Katastrophe zu. Das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete und die deutsche Besatzungsherrschaft in der Sowjetunion 1941-1945, München 2006, Seite 263
  • [30] = So auch bei Dennis Zemella: Wir zwingen den Raum. Identitätsstiftende Raumkonstruktionen in der Minsker Zeitung 1942-1944, Norderstedt 2007, Seite 43-57
  • [31] = Ein Exempel für diesen diametral konstruierten Gegensatz von „deutscher Kultur“ und „undeutscher Unkultur“ ist der Aufsatz von Hubert v.Sanden-Tracken: Deutsche Ritter und ritterliche Geschlechter als Kulturträger gegen Osten. Die Thätigkeit des Ordens in Westpreußen und seine Spuren in 16 Schlössern und Burgen, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang XIX, Berlin 1901, Seite 511-513 sowie 672-674 und Jahrgang XX., Berlin 1902, Seite 57-58
  • [32] = Ein Beispiel für die konstruierte Modifikation von „Unordnung“ in „Ordnung“ ist der Aufsatz von Nomen Nescio: Eine neue Ordnung. Führerworte zu der Frage der Umsiedlung von hochwertigen deutschen Volksgruppen [Umsiedlung der Balten], in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LVIII. (1940), Seite 614
  • [33] = Ewald v.Kleist-Schmenzin: Adel und Preußentum, in: Süddeutsche Monatshefte, Jahrgang XXIII., Heft 5 (Themenheft "Deutscher Adel"), München 1926, Seite 378-384 (hier Seite 383)
  • [34] = Schleswig-Holsteinisches Landesarchiv in Schleswig: Abt.399 Nachlaß Wollatz: Mappe A, Schreiben von H.W. Vom 1. VIII. 1932
  • [35] = Nomen Nescio: Die deutsche Aufgabe im Osten, in: Kauener Zeitung, Jahrgang I., Ausgabe Nro.49 vom 6. XII. 1941
  • [36] = Ein Beispiel hierfür ist Eugen Kalkschmidt: Deutsche Sendung im Ostland, Köln 1936, 61 Seiten
  • [37] = Stephan Malinowski: Vom König zum Führer. Sozialer Niedergang und politische Radikalisierung im deutschen Adel zwischen Kaiserzeit und NS-Staat, Berlin 2.Auflage 2003, Seite 502
  • [38] = Frau v.Boemcken: Zentral-Hilfe. Die koloniale Frauenschule Rendsburg, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang XLVI. (1928), Seite 125-126 / Agnes v. Boemcken: Koloniale Frauenschule, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang XLVIII. (1930), Seite 454 / Christoph Freiherr v.Imhoff: Deutsche Kolonisationsarbeit im Laufe der Jahrhunderte [Moselbauern im Baltikum, Deutsche in Südamerika, Deutsche in Ungarn unter Maria Theresia, Deutsche in Rußland unter Katharina II., Expansionsbewegungen im Mittelalter nach Osten, Ruf nach Wiedererlangung von Kolonien 1932], in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang L. (1932), Seite 275-276 / Nomen Nescio: Ein Vorkämpfer deutscher Kolonialgeltung [Major Kurt v.Francois], in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang L. (1932), Seite 28 / Oberst außer Diensten v.Kleist: Bedeutung des kolonialen Gedankens, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang XLVII. (1929), Seite 21-22
  • [39] = Paul Leutwein: Das deutsche Indien [Kolonie Deutschostafrika], in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LIII. (1935), Seite 206-207 / Paul Leutwein: Deutschlands kolonialer Rohstoffbedarf, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LIV. (1936), Seite 229-230 / Paul Leutwein: Kolonialpolitik, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LIII. (1935), Seite 668-669 / J.G. Graf v.Brockdorff-Dallwitz: Staatsland Ostpreußen [Kolonisation, Siedlungspolitik, Geschichte, Deutscher Orden], in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LII. (1934), Seite 384-386 / Paul Schnoeckel,: Zur 50-Jahrfeier der deutschen Kolonien, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LII. (1934), Seite 494-496 / Carl C.v. Loesch: Die gerechte Befriedung der Völker als Hauptproblem des europäischen Ostens, Aufsatz, DAB, Jahrgang LVII. (1939), Seite 395-397 / Nomen Nescio: Rheinländer und Westfalen in der Ostlandarbeit des Deutschen Ordens, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LIV. (1936), Seite 1581-1582 / Franz Lüdtke: Der Deutsche Ritterorden, der Wiedereroberer und Kolonisator des deutschen Ostraumes, Langensalza & Berlin & Leipzig 1935, 61 Seiten (Band XIV. der Reihe „Geschichte der deutschen Ostlande“) / Nomen Nescio: Die deutsche Leistung im Osten [deutsche Besiedlung des Ostens, deutsche Wörter in Ungarn, Deutschtum in Österreich], in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LVI. (1938), Seite 449-451 / Karola v. Kempis: Psychologische und bevölkerungspolitische Gesichtspunkte bei der Auswahl der Siedler [bei Siedlungsplänen], in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LI. (1933), Seite 169-170
  • [40] = Paul Rohrbach: Der koloniale Gedanke in der Völkergeschichte, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LIX. (1941), Seite 242-244 / Wolfgang Windelband: Motive neuzeitlicher Kolonialpolitik, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LVIII. (1940), Seite 4-5 und 26-28
  • [41] = Friedrich Hartwig: Johann Moritz von Nassau-Siegen. Ein deutscher Edelmann kolonisiert in Brasilien (1637-1644), in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LV. (1937), Seite 1044-1046 / Wolf Graf v.Baudissin: Nettelbeck. Ein deutscher Kolonialpionier [Sklavenhandel, Surinam, Berbice, Marokko], in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LVI. (1938), Seite 1226-1227
  • [42] = Beispielhaft neben der ganzen Erinnerungskultur der Vertriebenen siehe auf lyrischem Gebiet Agnes Miegel: Ostland. Gedichte, Jena 1940. Außerdem beziehentlich der Literatur im Allgemeinen bedeutend ist Christoph Mick: Kriegserfahrungen und die Konstruktion von Kontinuität. Schlachten und Kriege im ukrainischen und polnischen kollektiven Gedächtnis 1900-1930, in: Gert Melville & Karl-Siegbert Rehberg (Herausgebende): Gründungsmythen, Genealogien, Memorialzeichen. Beiträge zur institutionellen Konstruktion von Kontinuität, Köln 2004, Seite 124
  • [43] = Jürgen v.Hehn & Hans v.Rimscha & Hellmuth Weiss (Herausgebende im Auftrag der Baltischen Historischen Kommission): Von den baltischen Provinzen zu den baltischen Staaten. Beiträge zur Entstehungsgeschichte der Republiken Estland und Lettland 1917-1918, Marburg an der Lahn 1971, Seite 244
  • [44] = Hans-Joachim v.Brockhusen-Justin: Der Weltkrieg und ein schlichtes Menschenleben, Greifswald 1928, Seite 16-19. Sein Streben an die Front zu kommen, entsprang einem intrapersonalen Konflikt, da er Angst hatte, nicht bei den zu erwartenden Siegen der deutschen Armee teilhaben zu können und später als zweitrangiger Zivilist in konservativen Kreisen verunglimpft zu werden.
  • [45] = Das war erklärlich, da es sich um eine Militärverwaltung handelte. Zu den Stellenbesetzungen (Erich Ludendorff als Oberbefehlshaber Ost, Generalmajor v.Eisenhart-Rothe, Hans-Joachim v.Brockhusen-Justin, Hauptmann Wilhelm Freiherr v.Gayl, Graf Yorck v.Wartenburg MdH, Alfred v.Goßler, Franz Jospeh Fürst zu Idenstein-Birstein, Theodor v.Heppe, v.Blanckenburg-Schötzow) siehe unter anderem lückenhaft Vejas Gabriel Liulevicius: Kriegsland im Osten. Eroberung, Kolonisierung und Militärherrschaft im Ersten Weltkrieg, Hamburg 2002, Seite 80-84 sowie Hans-Joachim v.Brockhusen-Justin: Der Weltkrieg und ein schlichtes Menschenleben, Greifswald 1928
  • [46] = Sven Jüngerkes: Deutsche Besatzungspolitik in Lettland 1941-1945, Konstanz 2010, Seite 124
  • [47] = Christoph Dieckmann: Deutsche Besatzungspolitik in Livland 1941-1944, Band I., Göttingen 2011, Seite 459
  • [48] = Zu ihm siehe Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser B, Band XXIV., Limburg 2002, Seite 367
  • [49] = Christoph Dieckmann: Deutsche Besatzungspolitik in Livland 1941-1944, Band I., Göttingen 2011, Seite 459
  • [50] = Zu seinem Lebenslauf und seiner Stellung im Ostland sowie zu Nachkriegsermittlungen siehe Sven Jüngerkes: Deutsche Besatzungspolitik in Lettland 1941-1945, Konstanz 2010, Seite 134
  • [51] = Sven Jüngerkes: Deutsche Besatzungspolitik in Lettland 1941-1945, Konstanz 2010, Seite 364
  • [52] = Dazu Andreas Zellhuber: Unsere Verwaltung treibt einer Katastrophe zu. Das Reichsministerium für die besetzten Ostgebiete und die deutsche Besatzungsherrschaft in der Sowjetunion 1941-1945, München 2006, Seite 355
  • [53] = Sven Jüngerkes: Deutsche Besatzungspolitik in Lettland 1941-1945, Konstanz 2010, Seite 516
  • [54] = Genealogisches Handbuch des Adels, Adelige Häuser A., Band  XXIII., Limburg an der Lahn 1994, Seite 63
  • [55] = Sven Jüngerkes: Deutsche Besatzungspolitik in Lettland 1941-1945, Konstanz 2010, Seite 480-481
  • [56] = Zu seiner Vita siehe ebenfalls Sven Jüngerkes: Deutsche Besatzungspolitik in Lettland 1941-1945, Konstanz 2010, Seite 135-137
  • [57] = Sven Jüngerkes: Deutsche Besatzungspolitik in Lettland 1941-1945, Konstanz 2010, Seite 519
  • [58] = Sie folgen damit einem kulturwissenschaftlichen Ansatz in den Geschichtswissenschaften, wie ihn in ähnlicher Manier zum gleichen Thema auch schon Sven Jüngerkes in seiner Dissertation von 2009 (Deutsche Besatzungspolitik in Lettland 1941-1945, Konstanz 2010) umgesetzt hatte.
  • [59] = Ernst Wrisberg: Heer und Heimat, Leipzig 1921, Seite 181
  • [60] = Dazu die Transkription der Verhörprotokolle Lohses von 1947 in Nürnberg bei Uwe Danker: Geschichten und Geschichtskonstruktion für Gerichte und Öffentlichkeit. Täternarrationen am Beispiel des Hinrich Lohse, in dem erwähnten Lehmannschen Werk (Seite 239-244)
  • [61] = Diese Erkenntnis ist eigentlich nicht novitär, aber in dieser Detailtreue noch nicht bearbeitet worden. Zur Erkenntnis der Zwangsarbeit siehe auch schon vorher Abba Strazhaz: Deutsche Ostpolitik im Ersten Weltkrieg. Der Fall Ober-Ost 1915-1917, Wiesbaden 1993, Seite 38-42. Auch der Oberbefehlshaber Ost gab schon 1917 zu, russische Kriegsgefangene zu Waldarbeiten verpflichtet zu haben. Siehe dazu den Nachweis bei Major der Landwehr Escherich:Der Bialowieser Urwald, in: Presseabteilung Ober-Ost (Herausgeberin): Das Land Ober-Ost. Deutsche Arbeit in den Verwaltungsgebieten Kurland, Litauen und Bialystok-Grodno, Stuttgart & Berlin 1917, Seite 282 
  • [62] = Zu diesem zeitgenössischen Schlagwort, das als Legitimation für adelige Machtausweitung „im Osten“ mißbraucht wurde, siehe beispielhaft Hans Wildermann: Volk ohne Raum. Betrachtungen zur Lage der deutschen Volksgruppen in den ehemalig preußischen Provinzen Posen und Pommerellen der Republik Polen, Aufsatz, in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang LV. (1937), Seite 505-507. Das Adelsblatt druckte bisweilen auch kontroverse Meinungen ab. Ein seltenes Beispiel dafür ist Hasso v.Wedel: Raum ohne Volk? [Widerlegung der Behauptung, daß der Osten Deutschlands unterbevölkert sei], in: Deutsches Adelsblatt, Jahrgang XLVI. (1928), Seite 118-119
  • [63] = Dazu die zwei voluminösen Bände von Christoph Dieckmann: Deutsche Besatzungspolitik in Litauen 1941-1944, Göttingen 2011
  • [64] = So das Urteil von Sven Jüngerkes: Deutsche Besatzungsverwaltung in Lettland 1941-1944, Konstanz 2010, Seite 115-120

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