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Die Kavalierstour zweier Plöner Prinzen 1645-1650

Original-Auszüge einer Peregrinationstour zweier junger Hochadeliger in der Frühen Neuzeit

Im Auftrag des Herzogs Joachim Ernst v.Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön begleitete der junge Edelmann Hans Friedrich v.Burkesroda dessen beide Söhne Hans Adolf (1634-1704) und August (1635-1699) als Hofmeister auf ihrer Peregrination in fremde Länder.[1]

Das Herzogtum, aus dem diese beiden jungen Prinzen kamen, bestand nur kurze Zeit, 1564 war es durch Absplitterung anderer Fürstentümer und Anteile entstanden und im Jahre 1761 war es an die dänische Krone zurückgefallen. Es war ein zerissenes Gebilde, denn es umfaßte in Schleswig die Ämter Sonderburg und Norburg, die Insel Äroe und den nördlichen Teil der Halbinsel Sundewitt und in Holstein die Ämter Plön und Ahrensbök.

Nach der neuen Residenz Plön wurde die Linie Schleswig-Holstein-Sonderburg-Plön genannt. Erster Herzog wurde Hans der Jüngere (1545-1626), Sohn König Christian III. von Dänemark (1503-1559). Von seinen 23 Kindern aus zwei Ehen wurde das achtzehnte, Herzog Joachim Ernst (1595-1671) des Vaters Nachfolger.

Joachim Ernst wurde von seinem Vater in dem Geist erzogen, wie er es später auch für seine Kinder festgelegt haben wollte. Er hatte mit seinem Hofmeister Johann v.der Goltz eine Peregrination nach Holland, England, Frankreich und Italien gemacht. Anschließend studierte er an deutschen Universitäten und begab sich in venedische und dänische Kriegsdienste. Nach dem Tode des Vaters trat er als 31jähriger die Regierung in Plön an. Auf Schloß Gottorf heiratete er 1633 Dorohtea Auguste (1602-1682), Tochter des Herzogs Johann Adolf v.Holstein-Gottorf, mit der er sieben Kinder hatte.[2]

Die beiden ältesten waren Hans Adolf und August, die aufgrund ihres geringen Altersunterschiedes zusammen erzogen wurden. Wie viele andere Jungadelige auch machten Sie, wenn sie zu Jahren gekomen waren, eine sogenannte Grand Tour.
Diese Bildungsreise als Bestandteil typisch adeliger Erziehung des 17.Jahrhunderts wurde von v.Burkersroda in 183 Briefen aus den Jahren 1645 bis 1650 ausführlich dokumentiert.[3]

Sie sind ein bedeutendes und exemplarisches Zeugnis nicht nur für die damalige Briefkultur und den Briefstil des höheren Adels, sondern auch für die frühe Art der Grand Tour, enthalten sie doch neben den genannten Briefen auch exakte Abrechungen mit Angaben der Höhe und Art der Ausgaben und mit sonst selten anzutreffendem genauen Reiseplan. In den genannten Briefen wurde neben den üblichen Einleitungs- und Schlußformeln hauptsächlich über die Grand Tour berichtet, aber auch über Gesundheit und Krankheit der Prinzen sowie deren Lernforstschritte.

In ständiger Korrespondenz mit dem Herzog stehend, lenkte dieser von Plön aus Verweildauer an einzelnen Orten oder Intensivierung bestimmter Lernfächer. Darüberhinaus berichtete v.Burkersroda in seinen Briefen auch Politisches und Wirtschaftliches; so erkundigte er sich in den Jahren 1645-1646 kontinuierlich nach Konditionen zum Kauf von Schiffsholz aus den Niederlanden für den Herzog.

Diese Aspekte sollen bei der nachfolgenden kommentierten Teiledition der Briefe fortgelassen werden, da hier nur die adelspädagogische und briefstilistische Aspekt interessiert. Insbesondere wird daher berichtet werden von Art, Dauer und Intensität der Reise, den Lerninhalten, den Umgangsformen, der Kleidung, dem Habitus und dem Selbstverständnis peregrenierender Edelleute.

Es stellt sich die Frage, wer Hans Friedrich v.Burkersroda war. Er entstammte einer thüringischen Uradelsfamilie und war auf irgendeine Weise nach Holstein gelangt. Es war selten, daß ostelbische Junker in die Dienste holsteinischer Fürsten traten. Die braunschweigischen v.Cram, die v.der Goltz, die pommerschen v.Rango, die thüringischen v.Schlotheim, die niedersächsischen v.Lepel stellten manche Hofbemte in jener Zeit, die fern ihrer Heimat tätig waren.

Jedenfalls war v.Burkersroda bereits ein erfahrener Peregrinant, der sich nach seiner eigenen Grand Tour als Hofmeister verdingte, wie es viele junge Edelleute taten. Er hatte nach seiner Immatrikulation von 1642 an der Universität in Leipzig studiert. Als der Dreißigjährige Krieg ihm jedoch die Einkünfte seiner väterlichen Güter zerstörte, wandte er sich mit einem Empfehlungsschreiben (Rekommendationsschreiben) seines Landesherren nach Kopenhagen.

Daraufhin in die Ritterakademie Soroe aufgenommen, verließ er diese jedoch bereits nach sechs Wochen wieder, um nun die Hofmeisterstelle beim Plöner Herzog zu übernehmen. Spätestens im September 1645 stand war er Hofmeister in den Dienst des Herzogs Joachim Ernst getreten und sollte die beiden ältesten Söhne auf ihrer Kavalierstour begleiten und ihre Ausbildung leiten und steuern. Schon sein Vater war in den Jahren 1602 bis 1603 Praezeptor eines jungen Fürsten, des Herzogs August von Sachsen, gewesen.

Zur Reisevorbereitung wurde die Gesellschaft zusammengestellt, welche die kommenden Jahre gemeinsam reisen sollte: neben v.Burkersroda und den beiden Prinzen waren dies noch ein bürgerlicher Praezeptor, ein bürgerlicher Kammerdiener und der junge Page und Edelmann Johann Franz v.Eichelberg.[4]

Wohl von Plön aus war man am 29.September 1645 in Hamburg angelanget, aber bereits am 1.Oktober mit der Postkutsche nach Oldenburg abgereist. Die Reise wurde mit so großer Geschwindigkeit durchgeführt, daß v.Burkersroda nicht zum einmal Schreiben kam. "So befinden sich sonsten die Herren noch bey guter disposition, undt noch frisch und freudig zu reisen, davor ich dann billich Gott danke."

Der Hofmeister wollte auf der Reise sehen, daß die Prinzen zwar genügend Raum in der Kutsche hätten und sich in ihrem rollenden Zuhause wohl fühlten, denn der meiste Teil der Nacht war mit Fahren zugebracht worden, um die Gasthauskosten zu sparen. "Die Sicherheit der Straßen betreffende, so haben wir von Boxtehude 5 Musquetiere biß Closter Sebel, 4 Meilen von itztgenanntem Boxtehude gelegen, mitgenommen (Oldenburg, 2.10.1645 = Ort u. Datum des Briefes folgen den Zitaten).

Anschließend fuhr man nach Amsterdam, wo die Gesellschaft am 15.Oktober anlangte (Amsterdam, 16.10.45). Bald ging es weiter nach Leiden und zwar zu Lande, weil v.Burkersroda fürchtete, die Prinzen könnten eine Überfahrt über das Harlemer Meer nicht recht vertragen. Im Voraus war von dem Vater ein Quartier bestellt worden, das durch v.Burkersroda bei der Ankunft am 18.Oktober als geeignet angesehen wurde, "weil 1. die 2 Kammern gar bequem nebeneinander, beyde mit eisernen Offen undt andern Zubehör wohl vorsehen undt eine unter denenselben zum dantzen undt anderen exercitijs ziemblich groß undt sonsten hier nicht allenthalben anzutreffen ist 2. die wirthin schon Unßeretwegen einen Freyherrn darauß ziehen undt für Uns reumen lassen, 3. die tisch Compagnie, unter welche sich 2 österreichische Barons undt sonsten recht wackere ehrliebende Leute in die 16 Personen befinden, von andern mir gerühmt worden."

Hierfür erlegte der Hofmeister der Wirtin 15 Reichstaler, nachdem er sie um einen Taler herunter gehandelt hatte. Sie jedoch hatte zur Bedingung gestellt, daß das Gold pünktlich monatlich gezahlt würde. Anschließend bestellte v.Burkersroda einen französischen Sprachmeister für vier Reichstaler monatlich. Dem Lautenmeister, der auch Franzose war, mußte er freilich sieben Reichstaler pro Monat versprechen - "sintemahl das Laute schlagen in einer Stunde  nicht viel verrichtet werden kann." Einen Tanzmeister wollte v.Burkersroda noch nicht anstellen, einmal, um seine Schützlinge nicht zu überfordern, zum anderen, um die Kosten niedrig zu halten (Leiden, 22.10.45).

In Leiden richtete man sich nun häuslich ein und einer der ersten Attraktionen, die viel von den Studenten der Stadt frequentiert wurde, war die Belagerung von Hülst (ohne Ort, 1.11.45).

Die Einführung in die lateinischen Sprache in den Unterrichtsstoff wurde begonnen. Nach einem Monat Lautenschlagen wurden die Stunden von zwei auf eine zur Zeit verkürzt, die andere aber nun zu Tanzübungen aufgewendet, damit sie sich "billich in ihrer Leibes Dispoition faconnieren solten ... Von dem Generalfrieden zu Münster hat man gute Hoffnungen" (Leiden, 5.11.45)

Ab November hielt v.Burkersroda die Prinzen zum regelmäßigen Besuch der Leidener lutherischen Kirche an, die er unweit des Quartiers entdeckt hatte. Zur Eingewöhnung gehörte auch die Anschaffung landesüblicher Kleidung. Dem Herzog berichtete der Hofmeister, "daß ich unlängst denen Herren zwey lange Röcke nach itziger manier [habe] machen laßen, in betrachtung, daß Sie in dieser Jahrezeit dergleichen wohl gebrauchen, vors ander auch ihre Kleider, welche itzo nicht a la mode und sonsten alhier nicht gesehen werden, vollends darunter abtragen" (Leiden, 15.11.1645).

Im Dezember 1645 hatte v.Burkersroda den beiden Prinzen eine gemeinsame Laute für 22 Reichstaler gekauft, weil er glaubte, dadurch das Lautenschlagen bei ihnen befördern zu können. Da der König von Polen kürzlich in Utrecht weilte, war v.Burkersroda mit den Prinzen auch dorthin gefahren, "umb Ihren train zu sehen". Dies korrespondierte mit der Neigung, möglichst viele Fürsten kennenzulernen, die als spätere Arbeitgeber gern auf bereits ihnen bekannte Personen zurückgriffen bzw. bei Fürsten als Peregrinanten die späteren diplomatischen Beziehungen einen besseren Ausgangsboden hatten.

Als sie in Utrecht anlangten, erfuhren sie jedoch nur, daß der König bereits nach Amsterdam weitergereist sei. Kurzerhand entschloß sich der Hofmeister, die Prinzen inkognito als junge Grafen auszugeben und mit ihnen nach dort zu reisen. Sie erreichten in den Tat des Königs Hofstaat und v.Burkesroda hatte "es dahin gebracht, daß sie die ehre gehabet, Ihrer Maj. in dero gemach auffzuwartten und die Hände zu küßen."

Die Reise hatte zwar immense 30 Reichstaler gekostet, aber v.Burkersroda glaubte dies rechtfertigen zu können, in dem er anführte, man habe bei dieser Gelegenheit gleich die Stadt Utrecht besichtigt (Leiden, 3.1.46). Die Ausgaben aber schlugen doch wohl erheblich zu Buche, denn der Hofmeister wartete seit längerer Zeit schon auf einen Wechsel über 500 Reichstaler, der erst Ende Januar 1646 in Leiden eintraf und eingetauscht werden konnte. Überhaupt wurden auf Peregrinationen gern Wechsel als Zahlungsmittel gebraucht.

Mitte Januar geschah dann auch der erste Besuch der Prinzen im Haag. Hier hatten die Prinzen außerdem "einem bal, so von fürstlichen undt andern hohen Standes Personen gedantzet worden, unbekandterweiße beygewohnet. Die Gelegenheit aber, dazu zu kommen, ist unß solcher gestalt gegeben worden: es hat ein junger Graf Kyntzki, mit dem ich bekandt gewesen", die Vermittlung der Bekanntschaft des Pfalzgrafen Philipp, Sohn des böhmischen Königs, mit den beiden Prinzen übernommen  und "hatte hochgedachter Pfaltzgraff sich erbothen, wenn sie beliebung mehrgemeldeten bal aufzusuchen, hetten, wolte Er sie als unbekandt hinein führen lassen." Auch wurde der Pfalzgraf von den beiden Prinzen für eine viertel Stunde allein besucht (Leiden, 21.1.46).

Zwei Monate später, im März 1646, war auch die Königin von Böhmen im Haag anwesend und wieder machten sich die drei jungen Herren auf, an einem Ball teilzunehmen. Gleichwohl gelang es nicht, dem auch anwesenden Prinzenpaar die Hände zu küssen, da man nur ein paar Tage im Haag weilte, um nicht soviel Kosten zu verursachen (Leiden, 4.3.46).

Anfang März projektierte v.Burkersroda, mit den Prinzen nach Frankreich zu gehen, da sie dort viel besser die französische Sprache, die bisher wohl doch vernachlässigt worden war, zu üben. Waren die Prinzen außerdem bisher gesund und wohlauf, so machte nun dem Herzog Hans Adolf eine Magenverstimmung Sorge; v.Burkersroda schrieb dies den Getränken zu (Leiden, 9.3.46).

Im April 1646 schlug der Hofmeister erneut vor, die Reise nach Calais oder darüber hinaus nach Frankreich zu unternehmen, vielleicht auch ein kleines Stück mit dem Schiff, doch nicht zu lange aus besagten Gründen. Das Budget, das ihm der Herzog gewährt hatte, wurde leicht überschritten: "Das extra belangende, so ist bißweilen nach gelegenheit eine Kanne Bire des Abends auf Unßere Cammer geholet worden. Mit dem Weine hatt es diese Beschaffenheit, daß von Tischgängern, weil das bier ungesundt undt auß sumpffigten Waßer gebrauet wirdt, aber der Mahlzeit ein jeder nach seinem Belieben sich geben laßet."

Bemerkenswerterweise wurde eben jenes Weintrinken fast zum Anlaß, sich an der Leidener Universität zu immatrikulieren! Diese Motivation zeigt daneben, daß sich zur Zeit der Grand Tour viele Reisenden an Universitäten immatrikulieren ließen, ohne dort je studiert zu haben: " ... Es ist auch alhier den Studenten das privilegium gegeben, daß sie den Wein accisen frey u. also ... etliche stüber wohl feiler haben können, weßwegen ich mich auch unlengst nebenst Poppen und den 2 Dienern habe in numerum Studiosorum, gleich dem allgemeinen gebrauch nach, recipiren und einschreiben laßen müssen. Undt weil wir vor 4 Persohnen so viel accise frey gemachet, als wir niemahls an Wein bedürffet, undt ich der Herren Nahme nicht gerne angeben mögen, alß habe ich sie nicht einschreiben lassen, undt sehe nicht, wozu es schaden oder nutzen könne, alß allein daß etliche Rtlr. mehr darauff gangen" (Leiden, 6.4.46).

Nachdem v.Burkersroda erneut 500 Reichstaler erhalten hatte "undt weil gleich itzo eine Flotte alhier in Hollandt segelfertig lieget, achte ich E. Fürstl. Du. ordre gemeß und am rathsamsten zu sein, sich mit derslben im Nahmen Gottes [nach Frankreich] auffzumachen" (Leiden, 19.4.46).

Schließlich war es endlich soweit und als wegen guten Windes die Flotte aus Leiden aufbrach, begaben sich die Prinzen und ihr Hofmeister Ende April 1646 zunächst per Schiff nach Rotterdam, "allda wir nun, wie zu geschehen pfleget, auff guten windt wartten müßen. Wegen der Zehrung, welche hiesigen orttes ordinaire hoch kommt, stellen wir es so genau, als es immer müglich ... an." Der Hofmeister hatte indes bereits 300 Reichstaler nach Pariß "per campis" geschickt. Ein Reichstaler entsprach in den Niederlanden  50 Florin oder Gulden, in Frankreich 60 Sous. 200 Reichstaler hatte er aber zurückbehalten, um die Reise nach Paros zu bezahlen. Die Reisegeldberechnung war eine Kalkulationssache, "weil wier nicht wißen, wie lange wier also noch hier liegen und nothwendig zehren müßen, die Reiße auch von diepen bis Pariß goldt erfordert. Alß habe ich auff den Nothfall, undt undt da gedachter rest der 200 Rtlr. nicht genug sein möchte, von H. Adrian Danißvelt 60 Rtlr. geborgt.

Da die Flotte sich in Rotterdm trennte, mußte v.Burkersroda nun entscheiden, welches Schiff man nahm. Einige fuhren nach Briol, andere wieder nach Calais "und weit entlegenere Örther". Schließlich war man auf einem Kriegschiff eingekehrt, das auch zivile Reisende mitnahm, "ingleichen auch zwey dänische von adel. ... Da wier durch Gottes Hülffe nach Pariß kommen, werden wier Euer Fürstl. Du. gnädigsten befehl nach au chambre garnie leben, dahero wier dann durch gute adresse undt bekannte Leute gelangen wollen" (Rotterdam, 7.5.46)

Indes blieben sie also noch einige Tage in Rotterdam und nahmen dann doch ein Schiff nach Briol. Um die Transportkosten für das Gepäck niedrig zu alten, ließ man einen Koffer mit unwichtigeren Utensilien in Leiden zurück und hatte ihn der Wirtin anbefohlen. So ging es nur noch mit der Hälfte der Bagage weiter. Den anderen Koffer brachte der Bediente Adrian Danißvelt auf getrenntem Wasserweg nach Paris (Rotterdam, 8.5.46).

In Briol angekommen lief man wegen des guten Windes schon am 9.Mai 1646  wieder aus und langte wohlbehalten in Diepen an. Ohne Unterschied der Person hatten sie für Fracht und Verpflegung auf dem Schiff 18 Reichstaler bezahlen müssen. Andernenfalls hätte sie der Kapitän nicht auf das Schiff gelassen. Zudem kam hinzu, daß sich die Bedenken, die v.Burkersroda in Bezug auf die Seetüchtigkeit der Prinzen schon früher geäußert hatte, jetzt traurige Gewißheit geworden waren: "Die Herren haben sich zur See zimblich alterirt befunden, seindt aber nun, dem Allermechtigsten sei dank, wohlauff." Um sie ausruhen zu lassen, beschloß der Hofmeister, mit ihnen noch einen Tag in Diepen zu bleiben und am folgenden Morgen die noch dreitägige Reise nach Paris fortzusetzen. Genau verfolgte v.Burkersroda bereits jetzt die Aufenthaltsorte des französischen Königs, den man unbedingt einmal treffen wollte.

Da der Herzog die Kosten reduziert haben wollte, schlug er vor, seine Söhne sollten zunächst in einem weniger exklusiven Ort logieren, wo sie genausogut wie in Paris die Sprache erlernen könnten (Diepen, 12.5.46). Indes reiste man doch zuerst nach Paris und langte dort am 17.Mai 1646 an. Die Verspätung ergab sich, da die Prinzen vom Reisen müde geworden waren und ihre Fahrt zu Pferd hatten fortsetzten müssen, "derowegen wier dann so sehr nicht eilen dürffen." Dadurch hatte die Reise aber auch noch zusätzliche 20 Reichstaler gekostet. In Paris kümmerte sich v.Burkersroda als erstes um eine billige Unterkunft zur Miete, die jedoch auch von der Größe her für die Lehrstunden geeignet sein mußte. Es gelang ihm zunächst nicht, diese Zimmer zu erhalten. Im Wirtshaus hatte sich die kleine Reisegesellschaft daher gestärkt und versucht mit einigen Deutschen, die hier ein und aus gingen, Hinweise auf ein mögliches Quartier zu bekommen. Das gelang jedoch auch nicht und so nahm v.Burkersroda zwangsläufig zwei nicht ganz so preiswerte "chambres garnies uff einen Monat. Es ist aber dießes auß Ursache, daß es nicht weit vom Louvre." Außerdem hatte das Quartier den Vorteil, daß eine Gruppe Deutscher, die schon mit nach Paris gereist waren, sie dort nicht vermuten würden.

Erstes Ziel war aber für den Hofmeister, sich ohne Hektik "nach bequemen Kammern umbzuthun. Jedoch soll darbey in acht genommen werden, daß wier an einen solchen orth kommen, da die Conversation ehrlicher Leute [stattfände], daher die Herren allezeit in der Sprache undt sonsten erbauet werden." Der Hofmeister bemerkte schon recht bald, daß vor allem Lebensmittel und Luxusmittel in Paris wesentlich teurer waren als in Leiden, allein Brot und Wein war zu den gewöhnlichen Preisen zu haben. Um aber wieder Geld zu sparen, schlug er vor, beispielsweise nicht immer einen Tanzmeister kommen zu lassen, sondern auch einmal selbst  "eine gewiße Stunde uff den gemeinen Dantzboden" zu gehen (Paris, 20.5.46).

Trotzdem besuchten die Prinzen den Fauxboury St.Germain, wo die besten Lehrmeister für adelige Exerzitien anzutreffen waren. Nach einem Monat hatte v.Burkersroda eine Kammer mit Küche und Keller für 15 Escus gemietet, außerdem hoffte er mit 50 Escus für sechs Personen Nahrungsmittel bezahlen zu können, darunter den Kammerdiener, der fast den ganzen Tag mit dem Einkaufen und Besorgen der Viktulaien beschäftigt war. Schließlich sollte von dem zur Verfügung Stehenden neben den Lehrern auch noch die Kleidung "welche hießigen Orthes sehr hoch steiget", bezahlt werden.

Eine eigene Karosse war angemietet und v.Burkersroda schlug vor, die Prinzen  nur noch mit dem Pferd reiten zu lassen. Da er erneut Geld benötigte, schickt der Herzog ihm wieder einen Wechsel. Doch war die Einlösung desselben nicht immer leicht, denn die Kaufleute waren in Paris "sehr rude und ungestümb, undt, da man ihnen nicht wohl bekandt, gerne Verzögerung suchen." Nicht unwichtig blieb weiterhin die Beobachtung des Hofes: "Der König ist nunmehro wieder alhier, welchen die Herren vor etlichen Tagen eßen sehen" (Paris, 21.6.46).

In Paris hatte sich der Alltag der Prinzen indes gefestigt. Der größte Teil des Tages war mit den Lerninhalten ausgefüllt, die durch neu angestellte Lehrer vermittelt wurden. Hofmeister v.Burkersroda beabachtete dabei die Lernfortschritte und behielt die organisatorische Oberhand und Kontrolle der Bedienten sowie den Kontakt zum Herzog. Wichtigstes Lernfach blieb die Religion oder "Gottesfurcht" und schon zu Leiden hatten sich die Prinzen eine Auslegung der Evangelien kaufen müssen (Paris, 5.7.46).

Mit der Zeit ergaben sich einige Nachteile mit den "chambres garnies", "dann man daselbsten nicht allezeit sein eigener Herr sein, sondern Compagnie halber viel thun muß." Außerdem bedauerte v.Burkersroda, daß er so den Prinzen so gut wie keine Gelegenheit geben könne, bei Tisch französisch zu parlieren, denn er könne "fast keinen guthen Tisch finden, wo nicht Teutsche oder Dähnen wären. Es sindt vor etlichen Tagen zwei Landgrafen von Heßen angekommen, logieren an einen Tisch undt seindt, wie mich bedünket, die, welche vor weniger Zeit zu Sorra in Dennemarck gewesen: Sie haben ihre residentz undt abtheilung nicht weit und wenig meilen von Frankfurth. Es werden allhier täglich 2 Ambassadeurs, einer vom König in Dennemarck, der ander aus Schweden, erwarttet, welche dann, wie man sagt ihre ordentliche entrée halten werden, deswegen auch die dänischen von Adel, so hierumb studiren, den Hauffen zu vermehren, beruffen seindt ... Es ist vergangenen Winter ein Hertzog von Mechelburg von hir in Deutschlandt vermißet, seinem hohen Standte nichts zu nahe geredet, wegen unrichtiger Bezahlung u. großer debauche eine schlechte renommée hinter sich gelaßen ... Maßen Ihm denn auch sein Vatter F.Du. kein geldt mehr schicken und gerne von hier weg haben wollen."

Indes hatte v.Burkersroda genug mit seinem eigenen Hofstaat zu tun. Vom Herzog hatte er den Auftrag erhalten, eine französische Magd für den Plöner Hofhalt zu suchen. Da diese aber 50 bis 60 Reichstaler kosten würde und auch die Überfahrt bezahlt haben wolle, verzichtete der Hofmeister zunächst darauf, eine entsprechende Frau zu finden. Er wolle sich jedoch weiter umsehen (Paris, 1.8.46).

Derweil schritt die Ausbildung der beiden Prinzen zügig voran. Neben Latein und Französisch, Lautenschlagen und Tanzen waren nun noch die Fächer Singen und Ballspiel hinzugekommen. Die sportliche Betätigung war neben dem Reiten ausgebaut worden, da die Fürstenkinder mittlerweile schon "an Leibesstercke zugenommen". Von den übrigen Peregrinanten wußte v.Burkersroda zu berichten, daß erneut ein Herzog v.Mecklenburg aus Italien in Paris angekommen sei, der jedoch bald schon wieder nach Deutschland weiterreisen wollte. Die beiden erwähnten hessischen Landgrafen waren außerdem am 23.August 1646 weiter nach Italien gereist (Paris, 23.8.46).

Ende August war Herzog Hans Adolf das erste Mal auf seiner Peregrination erkrankt, hatte über Schmerzen in Brust und Kopf geklagt und war "in eine große Hitze gefallen". Hofmeister v.Burkersroda holte in großer Sorge den "Medicum Dr. Ceratin von der reformirten religion", den er für fähig hielt, da dieser auch die Landgrafen von Hessen kuriert hatte. Jener diagnostizierte die Blattern. Nach drei Tagen "ging die Hitze verlohren" und der junge Prinz erholte sich langsam wieder - auch ohne die zunächst in Aussicht genommene "frantzösische Cur mit Aderlaßen und dergleichen" (Paris, 31.8.46).

Zur Einsparung von Kosten übelegte der Hofmeister, die Prinzen einige Monate von den Lehrmeistern wegzunehmen, damit sie das Erlernte zuhause üben könnten (Paris, 20.9.46).

"Im übrigen, so ist die itzige eintrettung des winters unß sämbtlich etwas unfreudtlich gewesen" (Paris, 28.9.46) "Der Hoff ist vor vier Tagen von Fontainebleau wieder anhero kommen" (Paris, 12.10.46).

Das kleine Quartier konnte endlich im Oktober 1646 um eine weitere Kammer, die im gleichen Hause freigeworden war, erweitert werden. Hofmeister v.Burkersroda hatte schon länger Bednken getragen, da die Prinzen in einem Zimmer lebten und durch Bett und Tisch an sich schon wenig Platz für sich hatten. Zu keiner Zeit konnte einer von ihnen allein sein (Paris, 9.11.46).
"Von fürstlichen außländischen Personen befinden sich itzo hießigen Orthes ein Hertzog v.Lüneburg undt Markgraf v.Baden. Uber dieß hatt sich bißhero ein Fürst v.Anhalt zue Blais undt andern örtern auffgehalten, itzo aber wirdt er auf der Reise in Italien begriffen sein (Paris, 17.12.46).

Wegen der Suche nach einer Magd konnte v.Burkersroda dem Herzog erst Ende November melden, "daß sich alhier eine person, so die bewußte Condition anzutretten gesonnen, befindet. Alldieweil sie aber schon über 30 biß 40 Jahr, nicht schreiben, sondern nur leßen kann, undt verheyrathet ist, habe ich bedencken, ohne eur. Fürstl. Gnaden gemeßenen Befehl hierinnen etwas zu unterfangen. Mit Frauenzimmerarbeit undt dergleichen weiß sie wohl umbzugehen, undt würde vielleicht in der besoldung undt anders desto leichter, undt eher, alß eine verwitwete Demoiselle, zu behandeln sein. Sie ist reformierter Regligion, undt weil ihr Mann catholisch, undt sie deßwegen übel tractiret, will sie, jedoch mit deßen bewilligung, sich von ihm separiren. Ich wollte herztlich wünschen, daß ich eine Andere qualificirte person antreffen könndte, ist auch gewiß, daß deren eine große anzahl alhier. Sie seindt aber so furchtsam oder delicat" (Paris, 30.11.46).

"Von dem Friede ist hier auch noch gute sperantz. Es wirdt mier aber von Münster und dem Haag geschrieben, daß Churf. durchl. zue Brandenburgk-Pommern keines weges zu quittiren gedencket" (Paris, 11.1.47).

"Vor 14Tagen hat alhier ein Markgraf v.Baden mit nahmen Ferdinand Maximilian bey hoffe Audientz gehabt. Seine Verrichtung, wie gesaget wirdt, ist nichts andereß geweßen, alß den König vor die seinen Herrn Vatter geleistetes protection, zu danken ... Der regirende Landgarf zue Cassel, welcher zwar noch nicht mündig undt über 18 Jahr nicht hatt, ist unlengsten incognito hier durch passiret, undt wirdt, nachdem er den tour de France gethan, weider anhero kommen" (Paris, 25.1.47).

Anfang Februar wurde das Lernprogramm der jungen Prinzen um die Kriegskünste erweitert: "Sie haben bißhero nebenst den andern exercitijs Les exercices de la guerre, alß bataillen formiren, Schildtwachen stellen, mit der musquete undt pique umbgehen undt fahnen schwingen, angefangen, mit welchen sie auch noch an 3 od. 4 Monat zuthun werden haben, undt sich, verhoffentlich, dadurch nicht ungeschickt machen sollen. Ob sie nun nach diesen ein drei oder vier Monat reiten sollen, damit sie sich ein wenig in den Sattel zusammenrücken lernen undt hierin ... nicht gantz unwißendt von Pariß kommen, erwartte die gnädigste ordre. Des alters halber ist zwar nicht unbillich etwas zu bedencken: Es seint aber alhier viel dergleichen, welche ungeachtet deßen die stärckesten Pferde reiten" (Paris, 8.2.47).

"Die jungen Herren sind, gott lob, wohl auff, undt haben sie vergangene Fastnacht ein ballet, so 15.000 Rtlr. kosten soll, gesehen, wie auch dem bal, darin der König selbst gedanzet, unbekandter weiße beygewohnet In der Sprache bessern sie sich täglich, undt gehen darinnen dem jungen Printzen v.Amiens, welcher noch gar ein geringes fundament darinnen, undt von der lateinischen gar nichts weiß, weit zuvor" (Paris, 15.3.47).

"I. Fürstl. Gn. Hertzog v.Weymar ältester Printz ist ohngefehr 20 Jahre, undt weil Er die Reiße in Italien, vor Gott, wirdt er vor dießes mahl nicht mehr alß diesen Sommer in Frankreich zubringen, aufff seine zurückkunft aber sich noch eine Zeitlang alhier auffhalten. Er ist itzo zu Blois, undt über 6 Wochen nicht hier, sondern zue Caen ... 6 Monat gewesen, allda er an den Blattern darnieder gelegen" (Paris, 29.3.47)

Im Frühling 1647 wurden die musischen und sportlichen Unterrichtsfächer vertieft: Lautenschlagen, Tanz und Ballspiel. Das Piquenschwingen und den französischen Unterricht durch einen Sprachmeister vernachlässigte v.Burkersroda jetzt und unterrichtete sie selbst im Schreiben der französischen Sprache. Für das Piquenschwingen hatte er das Lernfach der Vokalmusik erweitert und mehr Gewicht auf den Reitunterricht gelegt. Ständig bemüht, die Kosten zu reduzieren, schlug er dem Herzog als seinem Arbeitgeber erneut vor, an einem in der Normandie gelegenen Ort umzuziehen, weil sich wegen der hohen hier notwendigen Geldsummen kaum noch Prinzen aufhalten, die jungen Herren außerdem den Jahreslauf bei Hofe schon kannten und zudem "diesen Sommer der König nicht allezeit hier residiren undt wenig sonderbahres sich offeriren wirdt."

Außerdem schlug v.Burkersroda vor, von den chambres garnies abzukommen und in eine Pension oder Ritterakademie zu wechseln "auß Ursache, daß die in chambres garnies gewöhnliche einsambkeit jungen Leuten, welche an den Tisch zum stillschweigen nicht gewohnet werden sollen, nicht viel nutzen schaffet, und t man in der pension die Conversation ohne weiter costen haben kann" (Paris, 22.3.47).

Wir wolen an dieser Stelle die Briefberichte abbrechen. Die ganze Reise hatte für die beiden Prinzen von September 1645 bis in den August 1649 zusammen 10.837 Reichstaler gekostet. Die größten Einzelsummen verzehrten die Aufenthalte in Leiden und besonders in Paris, wo das Leben am teuersten war. Reisekosten waren verhältnismäßig kleine Posten. Von Plön bis Leiden hatte man 124 Reichstaler verbraucht, von Leiden nach Paris 133 Reichstaler.

Zu Michaelis 1649 wurde er vom Herzog in Plön für weitere drei Jahre als Hofmeister für die beiden Prinzen angestellt. Als Besoldung wurden ihm jährlich 200 Reichstaler gereicht, ein Diener angestellt und Futter für sein Pferd gegeben.
Hans Friedrich v.Burkersroda, der auch Güter in Sachsen besaß, war 1652 und 1653 außerdem mit Benedikt v.Blome in eine Duellforderung verwickelt, die sich aus seiner im Frühjahr 1651 vollzogenen Verheiratung mit Luvie Oelgard v.Rantzau ergeben hatte.[5] Danach war er Kurfürstl. Sächsischer Amtshauptmann in seiner Heimat und stieg später noch bis zum Kammerpräsidenten auf. [6]

Der Verfasser dieses Aufsatzes ist Claus Heinrich Bill.

Annotationen:

  • [1] = Schleswig-Holsteinisches Landesarchiv in Schleswig, Abt.20 Nr.12 (Briefe von v.Burkesroda an den Herzog von dieser Reise 1645-1650)
  • [2] = Traugott Schulze / Gerd Stolz: Die Herzogszeit in Plön 1564-1761, Husum 1983, S.24. In jenem Werk sind auch die Lebensbilder der hier genannten beiden Peregrinanten Hans Adolf und August genannt. Daß sie jedoch 1645-1650 auf Peregrination waren, wird nicht erwähnt. Hans Adolf war 1671-1704 Herzog von Plön, sein Bruder August 1676-1699 Herzog von Norburg (ebd., S.40-55 und S.136-137)
  • [3] = Nicht 178 Briefe, wie bei Wolfgang Prange: "Die Sprache wohl fassen und dabei sociable werden". Von der Erziehung holstein-plönischer Prinzen in Paris, in: Schleswig-Holstein und der Norden. Festschrift für Olaf Klose zum 65.Geburtstag, Neumünster 1968, S.68 beschrieben, der v.Burkersroda auch fälschlicherweise durchgängig "v.Burkersrode" nennt.
  • [4] = Wolfgang Prange: "Die Sprache wohl fassen und dabei sociable werden". Von der Erziehung holstein-plönischer Prinzen in Paris, in: Schleswig-Holstein und der Norden. Festschrift für Olaf Klose zum 65.Geburtstag, Neumünster 1968, S.51
  • [5] = Schleswig-Holsteinisches Landesarchiv in Schleswig, Abt.7 Nr.6409 (Duell v.Blome contra v.Burkersroda)
  • [6] = Wolfgang Prange: "Die Sprache wohl fassen und dabei sociable werden". Von der Erziehung holstein-plönischer Prinzen in Paris, in: Schleswig-Holstein und der Norden. Festschrift für Olaf Klose zum 65.Geburtstag, Neumünster 1968, 63. Darin auch Näheres zur weiteren Erziehung der beiden Prinzen und Biographisches zu den Nachfolgern des Hofmeisters, Benedikt v.Kunigham und Christoph v.Manteuffel (hier besonders S.63-69)

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